Damals hatten wir Grundrechte. Heute: Das Brief- und Postgeheimnis

Vorweg sei gesagt, dass ich kein Experte auf diesem Gebiet bin und auch bestimmt keine Lust habe mich tiefergehend mit Gesetzestexten zu befassen. Das ist an und für sich schon ein Armutszeugnis, aber nicht für mich sondern für die Gesetze.

Letzte Woche sah ich eine dieser unsäglich schlechten Spiegel-TV Dokus über den Zoll der in Frankfurt Sendungen auf Drogenschmuggel, Bomben, Terroristen, Kinderpornos, Raubkopien und Damenunterwäsche prüft. Im Prinzip gucken die sich da jedes Paket an, welches aus dem Ausland nach Deutschland rein will (und machen es auch auf).
Das machte mich ein wenig stutzig: Dürfen die einfach so Briefe und Pakete aufmachen?
Ja, dürfen sie. Sogar die Mitarbeiter der Post dürfen, weil das Brief- und Postgeheimnis im Prinzip eh nichtmehr existent ist.

Das Brief- und Postgeheimnis ist in Artikel 10 des Grundgesetzes niedergeschrieben. Es verbietet dem Staat den Zugriff auf Sendungen (und sogar Telefonate) zu nehmen (der eigenen Bürger. In heutiger Zeit erscheint das sowieso etwas lächerlich). Das hört sich zwar gut an. Ist es aber nicht. Da es nämlich ein Gesetz gibt, das diese absolute Formulierung bis zur Unkenntlichkeit einschränkt. So dürfen der BND, der MAD und auch amerikanische Geheimdienste auf Briefe und Post zugreifen, ausserdem darf aufgrund von Zollrechtlichen fragen sowieso fast alles geöffnet und durchsucht werden was die Grenze passiert. Und das passiert auch noch zentral. In Frankfurt.

Und dann ist mir noch etwas aufgefallen: Das Grundrecht schützt in erster Linie vor dem Staat. Aber die Post ist ja kein Staatsbetrieb mehr, sondern ein Unternehmen. (Ja ich weiss, dass der Bund an der Post grosse Anteile hält, aber das macht es eigentlich schlimmer und nicht besser). Die Post hat AGB für die Beförderung. Kleingedruckte zwei Seiten. Und darin räumt sie sich gleich schonmal ein Recht zur Öffnung von Sendungen (auch nationale!) ein.

Wer jetzt sagt "Aber der Zoll ist vertrauenswürdig und die Post hat ja kein Interesse an meinen privaten Briefen und zu Verbergen habe ich sowieso nichts" den lache ich sowieso schonmal prophylaktisch aus. Alleine der Gedanke, irgendein Zollbeamter oder schlimmer Postmitarbeiter könnte in meinen verdammten Paketen rumrüsseln treibt mir das Mittagessen hoch. Das von vorgestern.

Darüberhinaus will ich garnicht wissen was passiert wenn man jemandem aus Bösartigkeit ein Paket mit Kinderporno-CDs zuschickt.

Konsequenz: Artikel 10 Grundgesetz können wir im Sinne der Effizienzinitiative schon einmal streichen. Mal schauen was als nächstes kommt. Herr Lafontaine hätte ja gerne das Recht auf Eigentum zur Disposition gestellt. Das ist aber eine andere Geschichte.

Importierte/Alte Kommentare:

#602: 05.Nov.2008 01:11 von Oliver

Ich empfehle diesbezüglich einfach mal mehr vom GG, insbesondere Art 11: http://dejure.org/gese... und Art 10,2, obig zitiert, http://dejure.org/gese...

Die Notstandsgesetze (anno 68) - in ihrer Eigenschaft die erste Attacke auf das GG damals und natürlich immer noch gültig - weichen diesen Passus schon längst auf, seit Jahrzehnten. Der große Lauschangriff von anno 98 tat sein übrigens dazu, der Rest heutzutage baut darauf auf.

"Dient die Beschränkung dem Schutze der freiheitlichen demokratischen Grundordnung[...]"

kann so ziemlich alles definieren, Der Vollständigkeit halber sei noch Art 35 erwähnt und die Interpretation beim G8-Gipfel. Zwar wurde es im Nachhinein (Einsatz Tornado etc. pp.) als unverhältnismäßig eingestuft, verfassungskonform war es dennoch.

Tja der Schaden ist schon seit Jahrzehnten angerichtet.

#603: 05.Nov.2008 01:11 von Oliver

http://dejure.org/gesetze/GG/35.html

sorry für den SPAM, Art 35 vergessen.

#604: 14.Nov.2008 12:11 von Damals hatten wir Rechte… « G33KY^2 - The Nerd Strikes Back

[...] Vorschläge und Gesetze in der Bundesdeutschen Klolitik aufzuarbeiten bediene ich mich mal der Überschrift eines Artikels von [...]

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