Führerscheinentzug als Strafe

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Wie bereits letztens festgestellt, haben wir jetzt endlich ein schönes Sommerloch. Inkl. der Berichterstattung über selbiges (die sicher bald zu “Jetzt schon Spekulatius im Laden?” übergeht) und politischen Forderungen, die bei mir chronische Stirnblutungen wiederaufleben lassen.

Heute: Wir könnten doch mal Führerscheinentzug als Strafe für nicht-Verkehrs-Dinge einführen!

Oder wie es wirklich in einem Referentenentwurf beim Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz (BMJV) formuliert wurde:

Das Fahrverbot soll als Ergänzung zu den übrigen Sanktionen zum einen in Fällen zur Anwendung kommen, in denen eine Geldstrafe allein bei dem Verurteilten womöglich keinen hinreichenden Eindruck hinterlässt

Klingt blöd? Ist es auch!

Das hindert Leute wie Angela Merkel oder Heiko Maas natürlich nicht daran, gleich mit in das Horn zu tuten. Da hat man ja Diskussion, verbrennt Aufmerksamkeit und im schlimmsten Fall kann man hinterher immer noch sagen “Wir haben X versucht, hat niemandem geholfen - wir waren aber nicht völlig untätig!”

Halina Wawzyniak (Linke, MdB) hat eigentlich schon ausformuliert, warum die Idee so albern wie nutzlos ist.

Aber versuchen wir es selbst mal?

Idee

Die Idee ist, eine Zwischenstufe zwischen Geldstrafe und Freiheitsentzug zu schaffen. Helfen soll das z.B. bei Leuten die Unterhalt nicht zahlen, oder für irgendwas was sonst in den Bereich “kleine bis mittlere Kriminalität” fällt.

Es gibt keine sinnvolle Begründung warum das jetzt besser oder auch nur sinnvoll ergänzend sein soll.

Mehr so “wir müssen alle theoretisch denkbaren Mittel auch zur Verfügung haben, weil Leute ja offensichtlich trotz aktueller Strafen noch Verbrechen begehen”.

Stellt sich die Frage, unter welcher Bedingung solche Mittel nicht nötig wären? In einer perfekten Welt?

Sonst geht es euch aber gut?

Da haben wir also eine Strafe die nur bestimmte Bevölkerungsteile überhaupt stört, mich z.B. überhaupt nicht, da ich nur 1-2x pro Jahr über ein Auto verfüge (meist im Urlaub und da kann alternativ auch gerne meine Frau fahren).

Für andere Bevölkerungsteile wäre die Strafe hingegen irgendwas von ernsthaft schmerzhaft (z.B. Leute die täglich 2h Arbeitsweg per PKW zurücklegen) über Existenzvernichtend (Taxifahrer) oder lässt sich überhaupt nicht anwenden (Leute ohne Führerschein).

Wenn wir also eine solche Maßnahme haben, bräuchten wir natürlich auch ähnliches für andere Teile der Bevölkerung.

Wo fangen wir an? Verbieten wir den Leuten die Nutzung eines Kühlschrankes? Hausverbot im Kino? Verbieten wir ihnen Kartoffelprodukte?

Oder um es mit einer Pressemitteilung der Linken (April 2015) zu sagen:

Die Begründung für die Hauptstrafe Führerscheinentzug, die Strafe müsse ein „fühlbares Übel“ darstellen, ist ein Einstieg in ein individualisiertes Strafrecht, das die Strafe im negativen Sinne von den persönlichen Lebensumständen der Betroffenen abhängig macht. Denn nicht jede und jeder hat einen Führerschein. Den einen kann nach einer Straftat dieser entzogen werden, den anderen nicht. Letztere müssten weiterhin mit Freiheitsentzug und Geldstrafe rechnen. Gutverdienende Straftäter/innen können sich zudem im Zweifelsfall chauffieren lassen.

Es gibt Geldstrafen und es gibt Haftstrafen. Wer Geldstrafen nicht bezahlt, dem werden Dinge gepfändet oder der wird in Beugehaft gesteckt. Da ist schlicht kein Bedarf für solchen Blödsinn. Geldstrafen werden auch automatisch am Einkommen skaliert. Leute für die dies nicht mehr schmerzhaft ist, würden sich wohl auch schon lange nicht mehr an Führerscheinentzug stören (so teuer ist Taxi auch nicht).

Ich habe kein Problem damit, Leuten den Führerschein zu entziehen. Ich bin sogar der Meinung dass das viel häufiger, auch für geringere Vergehen geschehen sollte! Aber halt dann, wenn das Vergehen auch irgendwas mit dem Straßenverkehr zu tun hat.

z.B. Falschparker die dafür sorgen dass ich mit meinem Fahrrad gefährdet werde, sollten gefälligst aus dem Verkehr entfernt werden.

Auch Wenn man unbedingt solche Zusatzbestrafungen will, gäbe es deutlich sinnvollere Ansätze:

  • Sozialstunden (abzuleistende Arbeit die der Allgemeinheit dient, oft mit pädagogischem Effekt assoziiert)
  • thematisch passende Strafen die sich am Einzellfall orientiert (z.B. Haus pfänden wenn jemand andere Häuser anzündet)
  • Zwang zu Therapie oder ähnliches um Ursachen des Fehlverhalten zu bekämpfen

Aber offensichtlich geht es halt nicht um sinnvolle Vorschläge, sondern mal wieder um Aktionismus.

Spaßige, nicht völlig ernste, Ideen am Rande

  • Wer freut sich nicht auf die Diskussionen in 10 Jahren, wenn die ersten Leute nicht mehr Bahn fahren wollen, weil da ja eh nur Verbrecher unterwegs sind. Brave Bürger haben ja weiterhin ihren Führerschein!
  • Leute, die sonst nicht Auto fahren wollen, könnten auf die Idee kommen einen Führerschein zu machen, als “Du kommst aus dem Gefängnis frei”-Karte. Man weiß ja nicht wozu man die mal brauchen könnte. - Wenn man schonmal einen hat, kann man natürlich dann auch mal Auto fahren. Haben wir also wieder eine verdeckte Subvention für die Autoindustrie?
Geschrieben von: DAT