Fiktion und Entwicklungen
Tags: Bücher/Literatur Technik -Ich liebe ja schlechte SciFi. Ja wirklich, schlechte, nicht (nur) gute. Damit meine ich jetzt nicht Dinge die von Fehlern nur so strotzen, sondern eher Dinge die technisch einwandfrei, physikalisch möglich aber einfach Inhaltlich absolut undenkbar sind oder so nie eintreten werden.
Da natürlich kaum ein Autor bewusst sowas zu schreiben versucht, ist es etwas schwierig derartiges in aktuellen Bestsellerlisten zu finden. Interessanter wird es aber, wenn man sich richtig alte Groschenromane oder so zur Hand nimmt. Dinge halt, die die Zeit bereits widerlegt oder überholt hat. Dinge die sich bereits anders ergeben haben oder Dinge von denen wir inzwischen wissen wie unsinnig sie wären.
Ein gutes Beispiel für sowas ist z.B. eins meiner Lieblingsbücher: Skylark von Eduard E. Smith (alles was die deutsche Wikipedia darüber weiß). Dieses Buch wurde bereits 1920 vollendet, was zu so Effekten führt wie dass Leute im Raumschiff sitzen, sich mit tausendfacher Lichtgeschwindigkeit bewegen (Einsteins Theorie war noch nicht so gut experimentell belegt wie heute, da lag es noch näher zu sagen "Er hat sich halt geirrt!"), und Positionen und Entfernungen per Hand ausrechnen (Computer? Was ist das?).
Dennoch gibt es einiges Stellen, an denen er enormen Weitblick bewiesen hat und man merkt (bis auf das Fehlen von Elektronik) dem Buch kaum an zu welchem Zeitpunkt es geschrieben wurde.
An einer Stelle wird eine extrem große Bombe gezündet, der Effekt wird als nicht beschreibbaren Blitz bezeichnet und die Hauptpersonen stehen unter einer pilzförmigen Wolke, die sich schnell ausdehnt und starren ängstlich auf ihre Strahlungsmessgeräte. Das alles jedoch 25 Jahre geschrieben bevor die erste Atombombe gezündet wurde.
Natürlich ist das nur ein Beispiel von vielen und auch da nichtmal ein besonders gutes. Vor allem Jules Verne ist für seine geradezu absurd genau zutreffenden Geschichten bekannt. So gibt es in seinen Geschichten nicht nur ein U-Boot dass von einem Elektroantrieb bewegt wird, Hubschrauber, PKW mit Verbrennungsmotor, Taschenrechner, Wolkenkratzer, Klimaanlagen, Fernsehen oder gar etwas das dem Internet relativ ähnlich ist (ein weltweites "telegrafisches" Kommunikationsnetzwerk). Es gibt auch immer wieder zufällige Ähnlichkeiten die nichts direktes mit Technologie zu tun haben. (Sein Mondflug startet z.B. in Florida, 200km von Cape Canaveral entfernt).
Was bei diesen alten Büchern allgemein auffällt (mal Jules Verne vernachlässigt), ist die enorme Tendenz eine neue Technologie oder Entwicklung einzuführen, die wirklich alles verändert. Sei es ein interstellarer Antrieb, eine Art Nanotechnologie mit Schwarmintelligenz, Teleportertechnologie, Synthese beliebiger Materialien oder eine unerschöpfliche Energiequelle ohne jegliche, ernstzunehmende Betriebskosten.
Je stärker derartiges dann aber vorhanden ist, desto weiter scheinen die Geschichten daneben gelegen zu haben. Mal abgesehen von Mikroelektronik, gab es keine dieser Entwicklungen wirklich. Atomenergie wurde zwar eine Zeit lang als geniale Zukunftsvariante angesehen, aber leider funktioniert die Welt nunmal nicht so einfach und auch diese Form der Energiegewinnung hat massive Nachteile. Was den interstellaren Antrieb betrifft, wären wir heute eigentlich immer noch froh, wenn wir es ohne großen Aufwand mehrmals bis auf eine stabile Umlaufbahn und zurück bringen würden, alternativ vlt. mal bemannt zum Mars.
Die einzige Technologie, die man auf Anhieb als alles verändernd nennen würde (Elektronik/Computer), hätte keiner vor 100 Jahren vorrausgesehen. Was will man auch mit kleinen Kisten in jedem Haushalt, die jegliche Mathematische Berechnung in Sekundenbruchteilen durchführen kann? Wer will schon zuhause irgendwelche Berechnungen durchführen?
In der Tat scheint sich das gesammte Einsatzgebiet für Computer erst dann zu ergeben, wenn man bereits über Computer verfügt. Mit unseren Entwicklungen in der Microtechnologie sieht es ebenfalls nicht viel besser aus, da haben wir zwar große Teilerfolge (billigere/effektive Solarzellen, CPUs, schmutzabweisende Oberflächen, flexible Displayfolien, ...) auf einzelnen Gebieten, aber nichts was irgendwie universell eine komplett weltverändernde Wirkung hätte. Nein, wir können einfach noch keine Nanomaschinen bauen die beliebige Moleküle zusammen setzen und auch auf Programmierbarer Materie müssen wir wohl noch eine ziemliche weile warten.
Wahrscheinlich bestehen unsere Entwicklungen auch eher in der extremen Weiterentwicklung bestehender Technologie. Wir haben also keine fliegenden Autos wie in SciFi vorhergesagt, aber unsere bestehenden sind "besser" geworden (PKW sind wohl das blödeste Beispiel, hier gibt es seit Jahrzehnten keine wirkliche Neuentwicklung mehr, stattdessen bauen wir halt jetzt Radios und Klimaanlagen ein). Wir haben noch keine einzelne Methode den Menschen von allen Gebrechen und Krankheiten zu heilen, aber für viele einzelne Krankheiten sind unsere Behandlungen besser geworden. Unsere Flugzeuge sind noch immer nicht mit einem Antrieb ausgestattet, der es ihnen erlaubt auch gleich mal zu Mars, Venus oder Proxima Centauri zu fliegen, aber sie sind größer, sparsammer und sicherer geworden.
Vlt. sollten wir also auch in der Zukunft, eine Weiterentwicklung bestehender Technologien eher in Betracht ziehen als eine Neuentwicklung. Vlt. sollten wir davon ausgehen dass wir auch in 100 Jahren noch auf der Erde rumgurksen, Krankenhäuser bauen, Pflanzen und Tiere für Nahrung benötigen und vlt. sogar noch mit Autos fahren (ich hoffe nicht, einen großen Metallklotz mit extra Klimaanlage, für die fortbewegung von 1-2 Personen durch die Gegend zu bewegen ist eigentlich eine gnadenlos dämliche Idee).
Wenn man davon ausgeht, ist programmierbare Materie, als eine Serie von weiterentwicklungen bestehender Microtechnologie, dann wohl auch wahrscheinlicher als die grandiose Fähigkeit alles auf molekularer Ebene beliebig formen zu können. Wir wären also dem ebenfalls extrem utopischen W-Stein (englisch: Wellstone, viel aussagekräftiger), wie ihn z.B. Wil McCarthy in seinen Büchern beschreibt, näher als Startrek-mäßigen Replikatoren. ...oder auch nicht. Das ist ja das schöne an der Zukunft. Man weiß es nicht.
Importierte/Alte Kommentare:
#1436: 31.Aug.2010 05:08 von profmakx
du stinkst!
#1437: 31.Aug.2010 05:08 von Dr. Azrael Tod
jau.. ich riech halt wie ein Troll