PC-Retro-Anfall - Arbeit, Spiele und Eingabegeräte
with tags "Freie" Software Hardware Open Source PC Rant -Beim Retromagazin rantete Chris Pfeifer heute ganz nett darüber, dass aktuelle Systeme einem kaum noch Einblick in die Interna gewähren, während sie gleichzeitig immer mehr zum Einheitsbrei verkommen. Als Beispiele führte er unter anderem an dass er heutzutage nichtmal mehr ohne weiteres einen Netzwerktreiber entfernen kann (den will Windows dann gleich beim nächsten Neustart wieder installieren), dass jeder Rechner heutzutage ziemlich mit den gleichen Anschlüssen als gleiche, graue Kiste verkauft wird und dass der Endkunde heutzutage garnicht mehr die Chance hat funktional wirklich etwas an diesen Kisten zu beeinflussen.
Jetzt bin ich ja generell ein großer Fan dieser "Früher war alles besser - vor allem auch die Zukunft"-Mentalität und wenn es noch dazu um alte Computersysteme geht, kann ich nicht anders... ich muss mich mit aufregen.
Was mich beim Vergleich zwischen PC von 199x und heute allerdings immer stört, ist eine völlig andere Frage als sie Chris stellt.
Mein aktueller Spielerechner (Codename: WOPR) hat Gigabytes an Arbeitsspeicher, eine relativ aktuelle CPU mit 2 Kernen, Festplatten die in Terrabyte gemessen werden und eine Grafikkarte die wahrscheinlich alleine mehr Strom verbraucht als früher mein ganzer Rechner.
Doch bringt mir das wirklich etwas?
Spiele
Aktuelle 3rd-Person-Shooter bieten meist weniger Möglichkeiten als das gute, alte Duke Nukem 3D (oder wenn es aktueller sein soll: Half Life). Strategiespiele werden zum Einheitsbrei (oder eher 3 Sorten Einheitsbrei, alles gleich bunt, gleich langweilig und jeweils als Geschmacksrichtungen Fantasy, "realistisch" und futuristisch/postapokalyptisch).
Wo bleibt denn da die Kreativität eines Gene Wars oder der Spielspaß, der Tiefgang oder Humor eines Dungeon Keeper?
Ganze Genres sind ersatzlos weggefallen, sei es weil man sie grafisch nicht weiter endlos aufbohren konnte (der Weltraum eines WingCommander sieht nunmal größtenteils leer aus) oder der angesprochene Kundenstamm zu klein wäre (Kennt noch jemand RICHTIG umfangreiche Flugsimulatoren mit kg-schwerem Handbuch das man wirklich lesen muss?)
Statt Advantures und Spielen die auf kreativen Ideen beruhen, bekommen wir einen Brei aus immer gleich aussehenden 3D-FPS-Spielen, statt nett gezeichneten 2D-Texturen nur immer detailiertere 3D-Szenarien. Ein Schelm wer dabei auf den Gedanken kommt, dies läge vlt. daran dass man "bessere" 3D-Grafik ziemlich gut mit mehr Geld kaufen kann, ein kreatives Spielkonzept oder richtig gute Zeichner aber eher in den Bereich "Kunst" fallen.
Klar sehen die Spielchen jetzt bunter aus, Explosionen dröhnen in 7.1-Ton kinomäßig aus der Anlage (die eh meist nur Stereo unterstützt) und die ersten 10 Minuten eines neuen Spieles bringt man erstmal damit zu die bombastische Grafik zu geniesen und von der Kilometerweiten Sicht auf rießige Welten erstmal erschlagen zu werden... (das beste Beispiel für diesen Effekt wäre wohl wenn man bei Fallout 3 das erste Mal den Bunker verlässt.)
Doch spätestens nach 2-3 Stunden nehme ich das doch garnicht mehr wahr. Selbst wenn alles Photorealistisch darstellbar wäre: Will ich das wirklich sehen oder darf es ruhig etwas unrealistisch sein? Kann eine nett gezeichnete Comic-Szenerie nicht manchmal ansprechender sein als gegnerische Soldaten deren Pickel ich im Gesicht zählen kann?
Eingabegeräte
Auch was die Vielfalt bei den Eingabemethoden betrifft, fühle ich mich etwas betrogen. Zwar schwärmt alle Welt davon dass die Eingabegeräte immer mehr ins spezialisierte abdriften, dass Bewegung immer wichtiger im Spiel wird und dass wir in Zukunft alle Spiele nur noch mit Tanzmatten, Tennisschlägern, Mikrofonen oder Plastikgitarren bedienen werden, doch im PC-Sektor scheint irgendwie garnichts davon anzukommen.
Im Gegenteil! Da wo ich vor 10 Jahren noch zwischen Joypad für Platformspiele und Sportspiele, Steuerknüppel für Flugsimulatoren, Maus für Knobelspiele und Lenkrad für Rennspiele wechseln musste, verwende ich heute nur noch entweder Maus+Tastatur oder Joypad.
Klar kann ich verstehen dass nicht jeder Spieler bereit ist sich erst zusätzliche Hardware für jeden Spieletyp kaufen will und ich verstehe auch dass Spiele so hergestellt werden dass sie möglichst ohne große Änderungen auch an den Pads einer Konsole spielbar sind... ABER ICH BITTE EUCH!
Flugsimulatoren die man mit dem winzigen Analogstick eines Joypads bedient? Rennspiele bei denen man sich mit der Maus umsehen kann?
VERDAMMT! Welche Drogen nehmt ihr Typen?
Arbeit
Doch lassen wir mal die Spiele beiseite (über die Hersteller und Distributoren hab ich eh erstmal genug gerantet). Sehen wir uns mal an, was man produktiv so mit dem Rechner machen kann.
Natürlich, wir haben Rechner die um etliche Größenordnungen schneller sind, da muss es doch heute völlig andere Anwendungen geben als vor 10-15 Jahren.
Nehmen wir z.B. mal eine einfache Textverarbeitung (egal ob Word, OOo-Writer oder Google Docs), dank der genialen, technischen Fortschritte, ist es mir heutzutage möglich ein Symbol zu klicken und in gerade mal 5 Sekunden ein Textbearbeitungsprogramm im Arbeitsspeicher zu haben und lostippen zu können (natürlich nur auf meinem Spiele-PC, auf meinem Netbook eher irgendwas oberhalb von 10sec.)
Das ist doch eine geniale Verbesserung im Vergleich zu den.... äh... vlt. 1-15sec. vor einigen Jahren noch! Dabei muss man natürlich noch beachten dass heutzutage auch erheblich mehr Funktionsumfang dazu gekommen ist. Zugegeben: Funktionen die kaum jemand nutzt, aber dennoch Funktionen.
Alternativ können wir uns auch eine Entwicklungsumgebung ansehen. Mein Lieblingsbeispiel für eine absolut moderne IDE, mit Tools zum Zusammenklicken von grafischen Oberflächen, objektorientierter Sprache, Texteditor mit Syntax-Hervorhebung, Online-Hilfe die sofort die genaue Beschreibung der Funktion unter dem Cursor findet, Code-Completation die mir alle Funktionen im Objekt unter dem Cursor mit Parametern und Beschreibung anzeigt, Unterstützung für DB-Apis aller möglicher Sorten (die dann gleich dafür sorgen dass eine Tabelle Steuerelemente zum durchsuchen der DB erhält), UML-Unterstützung und noch vielem mehr.... ist... DELPHI 6!
Moment... wann wurde das veröffentlicht? Wikipedia hilft und sagt uns dass das im Mai 2001 war. Natürlich haben wir auch heute Umgebungen die mit diesem Stand mithalten können, aber das natürlich weiterhin nur für bestimmte Sprachen und Frameworks (sprich Java und .Net, aka Pest und Cholera) und realisiert in den selben Sprachen.
Die Geschwindigkeit hat sich natürlich ebenfalls entsprechend angepasst, habe ich bei Delphi 6 noch wegen der lange Ladezeiten aufstöhnen müssen, so brauch ich auf einem aktuellen Rechner, mit einer aktuellen Java-IDE nur ungefähr genauso lange warten.
Soll das alles, wirklich eine Weiterentwicklung sein? Ist es wirklich normal dass ich kaum noch ein grafisches Programm finde, das weniger als 20MB Arbeitsspeicher braucht? Muss jede IDE in einer Interpretersprache oder einer nicht-nativen Bibliothek gebaut werden? Brauche ich eine Java-VM für meinen Texteditor?
Importierte/Alte Kommentare:
#1374: 09.Feb.2010 04:02 von fwolf
Keine Ahnung. Arbeite so selten unter Windows. Gestern mal wieder auf dem Notebook meiner Mutter OpenOffice aktualisiert und angefangen zu stöhnen über die Lahmarschigkeit von Windoof XP. Diese sowie die Erfahrungen mit meinen VMs reichen mir inzwischen völlig, um sagen zu können: Nein, muss ich mir nicht mehr antun!
Was Eclipse anbelangt, werde ich auch künftig Totalverweigerer sein. Eine IDE, die mich mit tausend Zusatzfunktionen vollmüllt, aber nicht mal anständig an den eigenen Arbeitsstil (dazu zählen auch gute Tastenkombis) anpassbar ist, hat auf meinen Entwicklungssystemen nichts zu suchen!
Dann doch lieber Kate bzw. Geany + [del]Firefox[/del]Swiftweasel mit Firebug + XAMPP (+ ggf. GIMP oder mein gutes altes PS7 in der Win2k-VirtualBox). Läuft einwandfrei, mein System ist nicht überfordert, die Ladezeiten liegen bei großen Dateien bei maximal einer Sekunde. allenfalls FF / Firebug krepiert mal am JS-Overkill, aber ansonsten gibts nix zu beklagen ;)
cu, w0lf.
#1375: 09.Feb.2010 09:02 von Dr. Azrael Tod
Ich meinte damit keinesfalls nur Windows.
Auch Linux braucht für den Bootvorgang gerne mal ne halbe Minute (ok, es gibt Optimierungen auf <10sec und man fährt den PC eh kaum runter).
Auch unter Linux verwendet man OOo oder Java IDEs (naja, ich auch nicht, ich halte mich eher an Gedit oder manchmal sogar Vim).
Auch unter Linux frisst $Browser erstmal ein paar hundert MB RAM und lastet die CPU aus (letzteres hatte ich mit diversen Firefick-Distributionen ständig, mit Chromium hat es etwas nachgelassen).
Natürlich sind auch unter Linux die Spiele nicht viel kreativer... nur seltener, bzw. gibt es hauptsächlich Hobby-Nachbauten anderer Spiele und ein paar wenige 0815-3D-Spielchen.
Das einzige Spiel mit einer wirklich mal neuartigen Idee das mir unter Linux einfallen würde, wäre Sauerbraten mit seinem Coop-Edit-Modus.
Bei Eingabegeräten sieht es dann auch nicht viel besser aus. Zwar ist die Wahrscheinlichkeit ein Spiel mal mit dem Joystick steuern zu können, gefühlt minimal höher, aber es gibt halt auch sehr wenige Spiele bei denen sich das überhaupt anbieten würde.
Ja, ich würde behaupten dass auch Linux nicht um Welten schneller, besser und produktiver geworden ist, wenn man es mit $beliebigem_os von vor 10-20 Jahren vergleicht.
(Wobei hier bestimmte, grafische Oberflächen tatsächlich auch neue Funktionen mitbringen, die man tatsächlich nutzen kann... zumindest das hat man Windows vorraus.)