Bundesnetzagentur hält XMPP-Clients für Meldepflichtig

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Der WTF-Moment des Tages kommt ganz eindeutig aus Chemnitz. Die Bundesnetzagentur schreibt Hersteller von XMPP-Clients1 an und meint diese wären meldepflichtig als Kommunikationsdienstleister.

Zitat Golem:

Die Bundesnetzagentur hat nach eigenen Angaben aktuell zwischen 100 und 150 Entwickler oder Unternehmen angeschrieben, eines davon sei “in der Sowjetunion” beheimatet.

So also der Brief an den russischen Hersteller des Android-Clients Xabber:

(Lokale Kopie des Briefes)

Sehr geehrte Damen und Herren,

meine Recherchen haben ergeben, dass Ihr Unternehmen den Dienst “Xabber” in der Bundesrepublik Deutschland erbringt. Mit Ihrem o.g. Dienstangebot wird die Individual- und/oder Gruppenkommunikation in Form von Sprache, Bildern, Videos und sonstigen Daten unter Einsatz des “Internet Protocol” (IP) ermöglicht. Es handelt sich demnach um einen Messaging-Dienst.

Nach § 6 TKG muss jeder, der gewerblich öffentliche Telekommunikationsdienste erbringt, die Aufnahme seiner Tätigkeit bei der Bundesnetzagentur unverzüglich melden.

Messaging-Dienste, die auf der Grundlage des “Client-Server-Prinzips” erbracht werden, werden als Telekommunikationsdienst angesehen. Sie unterliegen damit der Meldepflicht nach § 6 Abs. 1 TKG.

Bislang liegt mir noch keine Meldung Ihres Unternehmens und de von Ihnen erbrachten Telekommunikationsdiensten vor.

Die Meldung nach § 6 TKG hat nach einem von der Bundesnetzagentur bereitgestellten Formular zu erfolgen, das ich als Anlage beifüge. Die Meldung bedarf der Schriftform. Bitte senden Sie das vollständig ausgefüllte und rechtsgültig unterzeichnete Meldeformular

bis zum 02. Mai 2017

Klares Fehlen jeglichen Verständnisses darűber halt was XMPP ist, was die Projekte tun die man belästigt und auch zu sonst allem was irgendwie in den Bereich fällt den man gerade regulieren will.

Das, verbunden mit diesem albernen Regierungs-Selbstverständniss dass man einfach irgendwas fordern kann und jeder gleich springen wird. Früher haben wir immer noch gelacht wenn amerikanische Behörden oder Firmen irgendwem im Ausland mit Strafverfolgung nach inländischen Gesetzen gedroht haben. - Haha! Diese dummen Amerikaner wissen nicht mal dass andere Länder ihre eigenen Gesetze habe und einen Scheiß auf amerikanisches Zeugs geben!

Lächerlich, aber sonst?

Jetzt könnte man ja sagen “Na die haben halt bei der Recherche Scheiß gebaut und Xabber mit irgendwas alá Whatscrapp verwechselt.” - aber selbst dann stellt sich die Frage warum jetzt jeder der Kommunikationsdienste übers Internet abwickelt sich bei denen Melden soll?

Sprich: wenn Xabber einen eigenen Server betreiben würde, müsste das gemeldet werden, weil Firma und Kommunikationsanbieter?

Was ist mit meinem Arbeitgeber ebenfalls einen (internen) XMPP-Server betreibt? Auch meldepflichtig? Darüber erfolgt auch mal Kommunikation mit Kunden. Besser: da die Firma IT-Dienstleistungen ziemlich jeder Art verkauft, betreiben wir auch XMPP-Server für andere Firmen - klar meldepflichtig, oder?

Was ist mit jabber.ccc.de? Das ist zwar keine Firma, aber eindeutig Kommunikationsbetreiber.

Was ist mit anderen Dingen die Kommunikation ermöglichen? Geht es da um alles was auf einem Socket lauscht, oder müssen Nachrichten von verschiedenen Menschen zueinander umgeleitet werden?

Was ist mit Kommentarsystemen, wie der Isso-Instanz die hier drin hängt? Muss jetzt jedes Wordpress deutschlandweit gemeldet werden?

Auf der positiven Seite freu ich mich schon darauf wie grandios das scheitern wird wenn demnächst jede Firma anmelden muss wenn sie in Deutschland irgendwem XMPP-Konten, E-Mail-Server oder auch nur einen Terminal-Server (auf dem man Nachrichten an andere, angemeldete Nutzer senden kann) betreibt. Ein wunderbarer Bürokratie-Formular-DDOS den sich die Bundesnetzagentur da gerade wünscht.

Fazit:

Ziemlich jeder betriebene Server irgendeiner Art ist jetzt meldepflichtig

Das Ganze ist eine wunderbare Methode um mehr Zentralsierung zu fördern, staatliche Kontrolle über Kommunikation zu sichern und Leute mit unnötigem Aufwand zu nerven. Achja… und sich international lächerlich zu machen.

Danke dafür!

PS:

Weiterer Spaß - Darauf hingewiesen dass Xabber keine Server betreibt, sondern nur Clients entwickelt (also der ganze Schriebs haltlos ist und keine Meldepflicht besteht) antwortet die Bundesnetzagentur übrigens wie zu erwarten damit dass man sich doch per Brief melden solle:

Nö, ist klar! Ist nicht meldepflichtig - melde das mal!


  1. XMPP ist ein offenes Protokol mit dem sich jeder seinen eigenen Messaging-Dienst aufsetzen kann. Clients dafür sind in etwa so “Infrastruktur” wie es Mozilla Thunderbird für den E-Mail verkehr ist. ↩︎

Geschrieben von: DAT