Pseudo-Nobelpreis

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Eine schöne Lektion in "Bullshit für Fortgeschrittene" gab es letztens beim Freakonomics Podcast.

Hintergrund zum Preis

Worum geht es eigentlich?

Der "Alfred-Nobel-Gedächtnispreis für Wirtschaftswissenschaften" ist eigentlich kein wirklicher Nobelpreis. Klar, die Presse verkürzt den Namen gerne auf "Wirtschafts-Nobelpreis" oder "Nobelpreis für Wirtschaft", aber Alfred Nobel sah keinen Grund einen solchen Preis einzurichten. Es ist keine wirkliche Wissenschaft sondern es geht nur um irgendwelche von Menschen erdachte Sachen. Oder um es mit Alfred Nobel (in einem Brief an seinen Bruder) selbst zu sagen:

Ich habe keine Wirtschafts-Ausbildung und hasse sie von Herzen.

Das hat die Schwedische Reichsbank aber natürlich nicht abgehalten einfach mal den selben Geldbetrag für ihre Preisträger zu vergeben und unter dem Namen „Preis der Schwedischen Reichsbank in Wirtschaftswissenschaft zur Erinnerung an Alfred Nobel“ etwas zu bauen was bewusst darauf angelegt ist so auszusehen als wäre es ein Nobelpreis.

Interview


Im Podcast interviewt Steven Dubner nun jemand aus dem Komitee dieses Preises, was zumindest Unterhaltungswert hat:

So whenever anybody writes, “So-and-so won the Nobel Prize in Economics,” there’s always one or two people out there who say, “Well, it’s not really a Nobel Prize.” Can you just address that head-on for a moment? Should we care that it’s not one of the official, original prizes?

STROMBERG: You know, I think pretty much everyone would agree that this is the most prestigious prize there is worldwide in economics and probably the most prestigious prize we have in social sciences, more broadly, in the world. And, you know, part of the respect that this prize carries with it has to do with the fact that we are part of the Nobel family.

Übersetzung:

Warum sollte man den Wirtschaftspreis als Nobelpreis ansehen, obwohl es keiner ist? - Weil wir den Namen Nobel verwenden

Aber wenn man schon Bullshit als Wissenschaft legitimieren will, warum dann nur Wirtschafts-Bullshit?

DUBNER: I could imagine that if I’m a serious academic psychology researcher or sociology researcher or anthropologist or whatnot, even though you do occasionally cross over borders, I could imagine feeling very left out. You know, physics I understand, chemistry I understand, we’re dealing hard sciences. But once we get into the social sciences, either why don’t we have more — like for psychology — or why don’t you have a prize for social sciences instead of just economics?

STROMBERG: I think it’s a good point you’re making. I mean, I want to make clear though that the prizes in what we call “economic sciences,” so maybe I’m playing with words but economic sciences formally, the way our interpretation encompasses basically all social sciences to the extent that they are dealing with economic issues. So in principal, that means that we could give prizes and have given prizes more in political science, sociology, psychology, history and so on. You know, as far as the subject matter pertains to economics. But that said, I guess economics is sort of a somewhat imperialistic discipline. And we have become the strongest of the social sciences so I guess it was natural that the prize started there.

Übersetzung:

Ach, das decken wir alles schon mit Wirtschaft ab. Alles ist irgendwie Wirtschaft! Außerdem sind wir besser als die anderen.

PS: Vergabeverfahren

Die Prozesse wer einen solchen Preis bekommt und wer nicht, die Diskussionen dazu und sonstige Vergabeverfahren sind ziemlich komplett geheim. Nach 50 Jahren darf man evtl. darüber reden, was aber nicht hilft weil es diesen Preis erst seit 1969 gibt. Man kann sich also das Vergabeverfahren der richtigen Nobelpreise (die gibt es seit 1901) ansehen und sagen "das wird so ähnlich sein".

Bekannt ist dass es 5 Personen gibt die darüber entscheiden und wie diese grob ernannt werden:

Für die Auswahl der Preisträger ist wie bei den Preisen in Physik und Chemie die Königlich Schwedische Akademie der Wissenschaften verantwortlich. Hierfür wird von der Akademie ein fünfköpfiges Preiskomitee gewählt. Dessen Mitglieder werden für eine Amtszeit von drei Jahren gewählt. Die Anzahl der möglichen Wiederwahlen ist begrenzt. Mitglieder, die mehr als 70 Jahre alt sind, dürfen nicht wiedergewählt werden.

Laut Nasar wurde die Zusammensetzung des Komitees nach 1994 derart geändert, dass nun zwei Nichtökonomen diesem Gremium angehören. Es gibt aber keine offizielle Regel in den Statuten hierzu. Sollte es eine solche ähnlich der sogenannten „Lex Buck“ beim Literaturnobelpreis geben, so wird sie nicht konsequent eingehalten. Derzeit (Stand 2010) sind vier von fünf Mitgliedern des Komitees Wirtschaftswissenschaftler, und auch der Sekretär des Komitees kommt aus dieser Fachrichtung.

Ansonsten kann man warten und hoffen dass in 4 Jahren noch jemand weiß was bei der ersten Vergabe so diskutiert wurde.
Geschrieben von: DAT
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