Schlechte Kopien von Argumenten
Sicherlich hat inzwischen jeder von euch mitbekommen dass "Mo, 22.06.09, 22.15 - 23.00 Uhr auf Phoenix" eine Folge von Unter den Linden lief, in der Prof. Rupert Scholz (CDU) und Dirk Hillbrecht (Piratenpartei) zum Thema "Unter Piraten - Wem gehört das geistige Eigentum?" diskutierten.
Ich will mich jetzt nicht damit auseinander setzen ob sich Dirk Hillbrecht dort gut geschlagen hat, ob der Moderator eindeutig Position bezogen hat oder ob das Fernsehen nur noch ein Haufen seniler Redeschwälle ist. Ich persönlich möchte solch eine Sendung weder moderieren müssen, noch will ich mich derartig hirnrissigen Argumenten ausgesetzt sehen und darauf auf Anhieb eine fundierte Meinung haben müssen, mit der ich möglichst überzeugend belegen kann dass mein Gegenüber unrecht hat.
Letzteres wäre übrigens kein Problem.. leider hat man ja wohl immer den kleinen Nachteil dass man in der Öffentlichkeit keine Sachen erzählen will, die sich hinterher als auch nur ansatzweise unwahr oder schlecht belegbar herausstellen könnten. Wenn ein CDU-Politiker soetwas tut, dann ist das natürlich kein Problem. Immerhin rechnen wir alle damit und wer nicht damit rechnet, der wird das eh nicht bemerken. Es muss ja nur gut genug klingen.
Wenn jedoch ein Vertreter einer kleinen Partei mit lustigem Namen sowas sagt, dann steht der natürlich gleich im Abseits. Der CDU-Mann kann ihn in der Luft zerreisen "alle Ihre Argumente sind sicherlich solcher Blödsinn", seine Wähler/Anhänger sind wahrscheinlich auf dem Gebiet schlau genug zu erkennen was er gerade erzählt hat und auch bei den Wählern der Gegenpartei wird er nicht punkten können.. deren Meinung steht eh fest und lässt sich nichtmal durch sowas unwichtiges wie Tatsachen ändern. (klingt komisch, ist aber so... und ist leider eigentlich überhaupt nicht komisch)
Worum es mir hier also eher gehen soll, sind ein paar Dinge über die eben NICHT geredet wird:
Was sich bei erwähnten Interview für mich am stärksten aufgedrängt hat, war die Frage was denn ohne das Internet wäre... würden die Leute keine Musik kopieren wenn sie dazu analoge Geräte verwenden müssten? Das Zeitalter der Musikkasette hat wohl bewiesen dass das Blödsinn ist. Die kopierte Musik war vlt. von permanent sinkender Qualität, aber Qualität ist nunmal nicht Quantität.
Oder nehmen wir mal die Situation ein paar Jahre später... digitales Kopieren ging (noch) nur via Diskette oder Band, Datennetze existierten zwar, wurden aber kaum privat verwendet. Hat uns das damals abgehalten an "illegale" Kopien zu kommen? Nein, wir sind einfach zu $Kumpel gegangen und haben uns die neuesten Disketten einfach kopiert... Wenn es sein musste auch mal 50 Disketten für eine spärlich befüllte CD (zumindest als CDs dann langsam aufgekommen sind) oder eine 90er Kasette mit den Inhalten der neuesten MusikCD/LP.
Die Unterschiede in den Situationen? Damals lief das still zuhause ab, jeder Großvater hat verstanden was passiert wenn ich eine Schallplatte auf Kassette überspiele und keiner kam auf die blödsinnige Idee dass dies die Verkäufe von Schallplatten ernsthaft gefährden würde. Wer wirklich ein Fan einer Band war hat sich natürlich dennoch das Original gekauft (wenn er ran kam und das Geld hatte zumindest).
Imho liegt das Problem nicht so sehr darin was passiert.. wie in der Diskussion von beiden Seiten erwähnt ist das selbe nur mit anderen technischen Mitteln. Das Problem liegt darin dass einige Leute diese anderen technischen Mittel nicht verstehen, nicht verstehen WOLLEN.
Natürlich ist es das Recht des Künstlers den Leuten zu verbieten seine Werke zu hören. Er kann es nur technisch nicht durchsetzen wenn sie einmal allgemein verbreitet sind. Dabei ist es egal ob die Kassetten per Turnschuh übertragen werden oder die MP3s per DSL.
Aber gehen wir mal weg von den Problemen der Musikindustrie und wenden wir uns dem Patentrecht zu. Hier hat Prof. Scholz ja noch viel weniger Einsicht gezeigt und sieht überhaupt kein Problem. Firmen die sich selbst mit fadenscheinigen Trivialpatenten ausstatten müssen, um sich gegen Patenttrolle mit ebensolchen und die gerichtlichen Klagen der selbigen schützen zu können, binden nunmal Mittel die sie sonst für ernsthaft nützliche Forschung verwenden können für diesen patentrechtlichen, kalten Krieg.
Die Patentämter im Gegensatz sind endgültig überlastet. Niemand prüft mehr ernsthaft was da als Patent angemeldet wird, was dann im Gegegnzug wieder dazu führt dass noch abstrusere Patente angemeldet werden.
Selbst die Leute die an all diesem Chaos verdienen bestreiten inzwischen kaum noch dass unser Patentsystem im Eimer ist, aber zum Glück haben wir ja (CDU-)Politiker die über das Ganze den Überblick behalten haben und einwandfrei feststellen können, dass es hier nur um das geistige Eigentum geht, das um jeden Fall geschützt werden muss.
Importierte/Alte Kommentare:
#1319: 24.Jun.2009 09:06 von Dr. Azrael Tod
Verdammt! Titel vergessen -.-
#1320: 02.Jul.2009 09:07 von Fritz
Sehr schöner Bericht.Gut zu wissen.Danke für all diese Infos.Tolle Seite,weiter so!
#1321: 09.Nov.2009 01:11 von happy-buddha
Das Internet ist für die meisten Politiker wie ein Böhmisches Dorf.. Sie wissen das es da ist, aber damit hat es sich auch.