Netbooks - Atom nein danke!
Was ich euch heute erzählen will ist eigentlich wirklich nichts neues, es scheint nur noch immer nicht beim Endkunden angekommen zu sein. Wenn ihr euch einen neuen Computer kauft, habt ihr eigentlich nicht nur die Wahl zwischen Produkte der beiden Firmen AMD und Intel, ihr könntet auch jederzeit eine völlig andere Platform als x86 wählen.
Jetzt gibt es natürlich auch Gründe dafür, dass es im Laden eigentlich nur diese beiden Varianten einer einzigen Prozessorarchitektur zu kaufen gibt. Einer wäre sicher dass diese CPUs noch immer die Leistungsstärksten sind, ein anderer dass sowohl Windows als auch aktuelle Mac-Systeme NUR auf x86 laufen und dass auch die meisten Linux-Distributionen in erster Linie diese Platform als Ziel haben.
Neuerdings wird es aber immer üblicher ein Netbook zu kaufen, kleine portable Geräte deren Zielstellung am besten mit den Adjektiven billig, mobil und klein beschrieben wird. Leistung ist hier wirklich als allerletztes ein Kriterium, viel wichtiger sind Dinge wie eine lange Akkulaufzeit (wobei sich ein stärkerer Akku stark auf den Preis auswirkt) und das Gewicht.
Auch die verwendete Software hat sich in den letzten Jahren stark geändert. Haben wir vor 10 Jahren noch sehr stark komerzielle Software verwendet, verlagern wir uns heute immer stärker auf OpenSource-Software (OSS) oder Anwendungen die wir komplett im Browser laufen lassen können. (OK, genau betrachtet ist auch OSS meistens mit kommerziellen Hintergedanken produziert)
Dies bedeutet einerseits dass wir mit relativ wenig Aufwand bestehende Software auch auf andere Systeme portieren können, auch wenn der ursprüngliche Anbieter der Software das nicht unterstützt, andernseits wird es auch immer weiter egal ob das System X eine Anwendung für Y hat, man lässt ja eh fast nur noch einen Browser laufen und in dem verwendet man dann die schönen, webzweinulligen Anwendungen.
Wir merken also dass es auch immer unwichtiger wird welches Betriebssystem ich installiert habe. Noch vor wenigen Jahren wäre es z.B. für die meisten Nutzer sehr umständlich gewesen etwas anderes als Windows zu verwenden, während es heute mehr eine Frage von Gewohnheit oder persönlichem Geschmack ist.
Aus diesem Grund bietet es sich jetzt auch langsam ersnsthaft an eine andere CPU-Architektur zu verwenden, ein ARM-Prozessor reicht z.B. für die meisten Anwendungen eines Netbooks völlig aus, braucht aber oft nur einen Bruchteil des Energiebedarfes eines x86ers und ist erheblich günstiger. Die geänderte Architektur kann man nahezu komplett vor dem unerfahrenen Nutzer verstecken, er hat ja weiterhin seinen Firefox, OpenOffice und Pidgin (oder beliebige andere Software) und die GUI ist sowieso auf das kleine Display angepasst. Wen interessiert es da schon ob da drunter ein Windows XP mit alternativer Shell seinen Dienst tut oder ein Debian für Hitachi SH4?
Wer jetzt sagt dass er nichtmal irgendwo gehört hätte, dass sowas wie ARM erwähnt wurde und dass wohl in der Praxis nur x86er eine Rolle spiele, dem sei ein Blick auf den Markt mit Mobiltelefonen ans Herz gelegt, der schon seit vielen Jahren fast nur aus ARM-CPU-getriebenen Geräten besteht.
Doch auch wenn es weiterhin ein binärkompatibles System sein soll gibt es Alternativen. Der (eigentlich schon viel länger als Intel für stromsparende CPUs bekannte) Hersteller VIA bietet z.B. seine neueste Prozessorgeneration (eine komplette Neuentwicklung) unter dem Namen VIA Nano an. Diese CPU bietet zwar nur einen Kern im Gegensatz zu Intels großen Varianten vom Atom und braucht auch fast 10 W mehr an Energie, liefert dafür aber auch auf diesem einen Kern etwas mehr Rechenleistung als ein Atom.
Das mag jetzt für sich genommen noch nicht als die sooo tolle Alternative erscheinen, jedoch wird der Unterschied im Stromverbrauch durch die beim Atom zusätzlich außerhalb der CPU nötige Southbridge kompensiert. Weiterhin rechnet der Nano bereits auf 64Bit, was aktuell nichts bringt außer man hat mehr als 4GB Ram im Netbook (MUHAHAHAHA), aber in Punkto Zukunftssicherheit ganz nett ist. Ebenfalls direkt im Nano enthalten sind Strukturen für Verschlüsselung. Diese werden zwar heute noch von keiner ernstzunehmenden Software unterstütz, könnten aber Dinge wie komplette Festplattenverschlüsselung extrem beschleunigen.
Auch die 2 Kerne der Atoms sind bei Netbooks nur sehr selten von Vorteil, so dass der Nano auf nahezu allen Anwendungsgebieten mehr Leistung als der Atom bringt.
Auch bleiben beim Nano viele Beschränkungen außer acht, die Intel aus politischen Gründen seinem Atom auferlegt (wohl um seinen eigenen "großen" Mobil-CPUs nicht zu viel Konkurrenz zu machen). Man kann z.B. den Nano auch mit einem Display kombinieren das größer ist als 10.2", ohne dass die CPU teuerer wird.
Ähnliche Einschränkungen gelten übrigens auch noch immer für den Einsatz von Windows XP. Wenn ein Hersteller Heute noch Versionen von diesem Betriebssystem verkaufen will, darf z.B. die Festplatte nich größer als 160GB sein.
Wenn wir also endlich die neu gewonnene Freiheit bezüglich Betriebssystem und Hardwareplatform voll ausnutzen, werden wir in den kommenden Jahren wirklich wahnsinnig viele neue Entwicklungen sehen, die sich auch mal etwas von dem Einheitsbrei der aktuellen Netbooks unterscheiden. Leider sieht es zwar in den letzten Monaten wieder so aus als hätten das die Hersteller noch immer nicht verstanden und wollen weiterhin ihre alte Schiene mit Windows und Hardwarerekorden (wenn auch auf den Netbookbereich geschrumpft) fahren, doch irgendwo tief in mir bin ich wohl noch immer nicht ganz von meinem unbegründeten Restoptimismus geheilt. (Eigentlich sollte ich es besser wissen.)
Importierte/Alte Kommentare:
#1259: 24.Apr.2009 02:04 von Martin Grandrath
> Ebenfalls direkt im Nano enthalten sind Strukturen für
> Verschlüsselung. Diese werden zwar heute noch von keiner
> ernstzunehmenden Software unterstützt
Was meinst du mit "ernstzunehmend"? Der Linux-Kernel unterstützt Padlock seit geraumer Zeit und kann Dinge wie Festplattenverschlüsselung, VPN und SSH enorm beschleunigen.
#1260: 24.Apr.2009 03:04 von Dr. Azrael Tod
Tatsache.. du hast recht... Das war mir bisher entgangen.
Das wäre dann wieder nur ein weiterer Grund sich ein C7-Gerät zuzulegen, jetzt müsste es da nur noch ordentliche geben.. aber ich glaub das dauert noch ein paar Monate bis die hier etwas verbreiteter sind.
#1261: 25.Apr.2009 11:04 von Ingo Juergensmann
Eine Desktop/Laptop/Netbook-Loesung auf Basis von non-x86 Architekturen wird sich heute nicht mehr durchsetzen koennen. Linux mag zwar auf allen moeglichen Geraeten und Architekturen laufen, aber es wird an solchen banalen Sachen wie fehlendes Flash scheitern. Flash-Alternativen sind unbrauchbar, zumindest in all den Jahren, in denen ich Linux auf PowerPC benutzt habe.
Schoen waere es jedenfalls, wenn man mal vom x86 Monopol wegkaeme, aber ich sehe ich wenig Hoffnung dafuer...
#1262: 25.Apr.2009 11:04 von Dr. Azrael Tod
wer sagt denn dass das so bleibt? Ich sehe durchaus die Möglichkeit dass es irgendwann eine brauchbare Gnash-Version für solche Systeme geben könnte oder noch besser: dass große Projekte eher von Flash zu vernünftigen Systemen umschwenken könnten.
JS-Canvas könnte z.B. irgendwann mal die meisten Flash-aufgaben erledigen, dafür wäre es natürlich nötig dass diverse Browser sich mal ordentliche JS-Engines zulegen, aber die ersten Versionen gibt es ja bereits.
Und bevor es jemand sagt: ja Javascript ist hässlich, langsam und eigentlich will man das nicht... aber alles ist besser als Flash.