Computerspiele Gestern und Heute
Entgegen vieler Behauptungen (auch von meiner Seite) sind die Spiele nicht schlechter geworden. Kaum einer der aktuellen Genremixe braucht sich auch nur in irgendeinem der Teilbereiche, die dieser nur so nebenbei bedient, vor einem der reinrassigen, alten Spiele zu verstecken. Es ist auch nicht so dass nur die Grafik besser geworden wäre, schließlich würde z.B. keiner behaupten dass bei den schlechtesten, aktuellen FPS-Spielen die KI schlechter wäre als bei den allerersten (egal ob Wolfenstein, Quake, Duke Nukem 3D oder was auch immer).
Was jedoch auffällt ist dass verschiedene Aspekte unterschiedlich schnell einer Entwicklung unterlaufen. So sind die verschiedenen Genres schon seit vielen Jahren relativ festgefahren und alles was es dort noch an neuen Entwicklungen gibt sind Kreuzungen: FPS-RPG-Mix, RPG mit Strategie, Strategie mit Panzer-fahr-spielchen... und was man halt sonst noch so an Ideen hatte. Die Grafik hingegen ist in einem Tempo besser geworden dass es einem schwindlig werden könnte.
Die Gründe dafür sind leicht verständlich. Bessere Grafik kann man leicht erzeugen indem man genug Geld/Aufwand auf das Problem wirft, wirklich gute und neue Spielideen hingegen kommen nicht über Nacht. Auch Dinge wie eine bessere KI könnte man mit Aufwand erschlagen, aber das Verkauft sich einfach nicht so gut. Man sieht auf einem Bildschirmfoto nunmal eher wie viele Blätter die Bäume haben, als ob sich die Gegner koordiniert anpirschen.
Wir haben es also mal wieder mit einem Problem zu tun, dass durch unser kapitalistisches System gefördert oder überhaupt erst ermöglicht wird. Beheben kann man es also nur wie all die anderen Probleme mit dieser Charakteristik
- Wir könnten es mit neuen Entwicklungen überspringen. Neue Eingabemethoden oder Darstellungsformen können schlagartig den Weg für komplett neue Spielideen bereiten. Wer könnte sich schon ein MMORPG ohne gute Internetverbindung vorstellen?
- Wir können die Marktwirtschaftlichen Hintergründe umgehen. Dies kann z.B. in Form von neuen Hobby-Projekten entstehen, die sich z.B. via OpenSource weiterentwickeln ohne direkt marktwirtschaftlichen Gesetzen zu folgen.
Ein gutes und aktuelles Beispiel für die erste Variante wäre z.B. Nintendos Wii. Durch neue Eingabemöglichkeiten und die stärkere Verlagerung auf Causal Gaming hat sich das Verhalten der Komsumenten grundlegend geändert. So wurde Grafik oder eine epische Geschichte von vielen plötzlich nicht mehr als so wichtig angesehen, viel interessanter ist es doch mit vielen Freunden vor einem gnadenlos infantilen Geschicklichkeitsspielchen zu sitzen und einfach nur Spaß zu haben.
Die zweite Variante sehen wir bei Spielen wie Cube2 Sauerbraten, XMoto oder Battle for Wesnoth. Diese Spiele entstanden rein als Hobby-Projekte und doch hat sich eine umfangreiche Community gebildet die bereits mehr Spielinhalte erzeugt haben als viele kommerzielle Projekte. Vor allem die ersten beiden realisieren dabei auch derzeit von keinem kommerziell vertretenen Spiel implementierte Funktionen, die vlt. völlig neue Wege aufzeigen könnten.
Für mich stellt sich bei all dem die Frage ob es sich überhaupt noch lohnt mir teuere Spiele zu kaufen, bei denen mehr auf Grafik geachtet wird als auf Spielinhalte. In der Tat gibt es schon seit Jahren sehr wenige Spielveröffentlichungen die mich ernsthaft interessiert haben. In "letzter Zeit" hätten wir da z.B. Oblivion oder World of Goo (eigentlich auch ein denkbar mieses Beispiel für große Produktionsfirmen, bei einem Entwicklerteam von 2 Personen), die einfach mit der reinen Menge an Möglichkeiten beeindruckten oder ein ge niales, neues Spielprinzip boten. Andere Spiele sind vlt. auch einfach nur wegen der verarbeiteten Themen interessant, so z.B. bei einer neuen Produktion nach Tad Williams' Otherland-Romanen (die Bücher waren einfach zu genial) oder der (eigentlich nicht) neuen Version von Chrono Trigger für Nintendo DS.
Für den normalen Hausgebrauch jedoch spiele ich als allerhöchstes der Gefühle mal noch ein SNES-Spiel, emuliere mir einen DOS-PC oder schließe mir das N64 an und spiele eine runde Smash Bros..
Ich besitze auch schon seit vor meinem Studium eigentlich keinen wirklich "zum Spielen geeigneten" PC mehr. Zumindest nicht wenn man danach geht was die heutige Industrie für einen derartigen hällt.
Mein kleines Akoya-Netbook hat z.B. eine erheblich größere Leistung als so ziemlich jeder PC in meinen Anfangsjahren mit dieser Platform. Es stellt selbst für dieses Gerät an der untersten Grenze der Preisskala kein Problem mehr dar sich wie eine diser alten Kisten zu verhalten und Spiele wie The Legend of Kyrandia, Magic Carpet, GTA2 oder Z in spielbarer Qualität wiederzugeben.
Auch in den Medien scheint immer mehr anzukommen dass die alten Spiele nicht unbedingt schlechter als aktuelle sind. So habe ich vor einiger Zeit bereits im Zeitschriftenhandel gestanden und verwundert auf Magazine zum Thema Retrogaming gestarrt. Der Reiz diese zu kaufen und dann doch wieder Geld auszugeben hat sich dann aber beim ersten Blick hinein schnell wieder gegeben. Warum hatte ich auch erwartet dass mir eine Zeitung etwas neues sagen kann, wenn es um alte Themen geht, zu denen ich mich schon vor vielen Jahren sehr ausgiebig informiert habe?