Zweitverwertung

Gestern abend waren wir mal wieder unterwegs und mussten am Bahnhof ein paar Minuten warten. Also sind wir, wie so oft, erstmal im Zeitschriftenhandel verschwunden und haben nach neuen, wenigstens annähernd sinnvollen Presseergüssen gesucht, die es möglicherweise geben könnte.

Bei dieser Gelegenheit ist mir eine CD mit den gesammelten Ausgaben (2008) der Zeitschrift "Linux Magazin" aufgefallen. Da ich diese Zeitschrift noch vor 2-3 Jahren als ziemlich sinnvoll angesehen habe und auch das Online-Angebot oft ganz nette Artikel bietet, dachte ich mir es könnte nichts schaden "die paar Euro" mal auszugeben und mir einige Howtos und Tests via HTML/PDF und Netbook mit mir rumzuschleppen.

Die erste Hürde mit dieser Ausgabe war natürlich erstmal die CD. Mein Netbook hat natürlich keinerlei CD-Laufwerk und auch mein "Not-Book", welches momentan als Mediaserver im Wohnzimmerschrank steht, hat zwar ein Laufwerk, steht jedoch immer so dass ich um an das Laufwerk zu kommen das Gerät erst abstöpseln und aus dem Schränkchen nehmen müsste.

Also habe ich mir aus rumliegenden Bauteilen erstmal ein USB-DVD-Laufwerk gebaut und unter lautem Dröhnen der veralteten Technologie (entweder das DVD-Laufwerk ist ziemlich kaputt oder ich habe damals so rein überhaupt nicht auf Lautstärke geachtet... damit kann man niemals im selben Zimmer einen Film ansehen -.-) habe ich erstmal die CD auf meine Festplatte kopiert.

Die Daten selbst sollten nun also kein Problem mehr darstellen, laut Aufschrifft handelt es sich immerhin sowohl um eine HTML als auch PDF-Version. Allerdings war ich bereits etwas verwundert, als ich feststellte dass eine CD für 12 Zeitschriften wirklich komplett voll wird. Von den fast 700MB verfallen erstmal 250MB auf alle möglichen Varianten von Adobe Acrobat Reader... das mag nicht unbedingt sinnvoll sein, da die meisten dieses Stück miese Software eh bereits installiert haben (oder halt andere Software die das gleiche tut) aber wenn man den Platz hat, kann man das schonmal machen.

Weitere 130MB gehen dann tatsächlich für die HTML-Daten und 165 für die PDF-Versionen drauf... da hat man zwar erstmal etwas zu grübeln, warum Text so derartig groß sein soll, wenn man aber dann sieht wie die Bilder eingepackt sind, lösen sich derartige Fragen erstmal.
Natürlich ist auch das kein Problem... wenn man schon eine CD hat, kann man natürlich auch richtig schöne und große Bilder reinpacken.

Wo es dann aber endgültig etwas verstörend wird, ist wenn man sich die Daten ansehen will. Die PDF-Versionen sehen ja noch ganz nett aus, aber warum zum Henker hat man für jede Seite eine einzelne Datei angelegt? So klicke ich auf irgendein Thema in der Übersicht, lese die Einleitung und darf mich dann über 3-4 Seiten zur nächsten Seite durchklicken? o0

Bei der HTML-Version wird es noch schlimmer... nicht nur dass es scheinbar nichtmal zum einfachsten Styling der Seiten (zumindest abseits von blauen Rahmen für Bilder und einheitlichen Überschriften) gereicht hat, die Links zu irgendwelchen Programmen oder Webseiten stehen noch schön wie in der Zeitung am unteren Rand der Seite (Referenziert durch z.B. [1] im Text, dass dann unten via [1] http://foobar.de erklärt wird), die Seiten sind genausolcher unverlinkter Müll wie die PDF-Version und nichtmal für alt-attribute in den Image-Tags hat die Zeit gereicht.

Nichtmal über die URL kann man leicht blättern, denn die Verzeichnissnamen enthalten automatisch auch immer den Titel des Beitrages, der natürlich für jede Seite anders lautet.

Aber wir haben da zum Glück ja noch die Volltextsuche... diese wird über ein externes Programm bedient (das im Gegensatz zu z.B. dem mitgelieferten Acrobat-Reader auch nur unter Linux funktionieren soll, obwohl es sich eindeutig um Java handelt). Das Startscript "suche.sh" ist natürlich nicht schlau genug zu erkennen in welchem Verzeichniss es liegt... ich muss also erstmal das Arbeitsverzeichniss setzen oder es von der Shell aus starten. Natürlich öffnet das Programm auch erstmal via default alle Ergebnisse in einem externem HTML-Browser. Das heist: würde es, wenn es nicht bei einem Klick auf einen Link bei mir nur eine IO-Exception werfen würde weil es erstmal ohne Einstellungen meinerseits versucht die Datei von '/usr/bin/netscape' öffnen zu lassen.

Fazit dieser Erfahrung ist wohl, dass dieser Mist unverwendbar ist. Ich könnte natürlich dennoch die Seiten per Hand öffnen und einzeln durchlesen, auch könnte ich via grep statt Lucene suchen (Lucene für Statische HTML-Suche? WTF?) und jeden Link per Hand aus einer Liste am Fuß der Seite raussuchen. ABER DAS WILL ICH NICHT!

Wie kann man heutzutage seinen Kunden noch sowas zumuten? Man hat als Offlinemedium nun wirklich nicht mehr viele Vorteile, die Konkurrenz ist schneller, kann endlos schreiben ohne an Seitenzahlen gebunden zu sein, ist für den Kunden billiger und weit länger verfügbar. Wenn man da mithalten will, muss man gute Texte erstellen und diese in einem Format zur Verfügung stellen, das sich besser lesen lässt. Zumindest bei dem letzteren hat dieser Verlag gnadenlos versagt, ich habe selten etwas derartig lieblos zusammengeklatschtes gesehen wie den Inhalt dieser CD.

Zusammen mit der Qualität der Texte und dem extremen Preis für die Zweitverwertung von ganzen 12 überlagerten Zeitschriften, würde ich sagen dass hier die Bewertung Mangelhaft nicht zutrifft und man extra dafür einen Wert weit jenseits von Ungenügend erfinden muss.

Importierte/Alte Kommentare:

#1171: 02.Mar.2009 10:03 von toranor

...aber du könntest die einzelnen seiten ausdrucken, sortieren und hättest dann...

ok, mir fällt dazu nix ein.

wenn man ein Dokument hat, schiebt man es in den Distiller, und der macht ne pdf draus. Is ein klick.
warum man aber nun jede Seite einzeln da durch jagt - dafür gibt es nicht viele Erklärungen:
1.) Sie sind die grössten Misanthropen dieser Welt und wollen es dem Leser so schwer wie möglich machen.
2.) Sie sind SIE.
3.) Sie sind unfähig.

#1172: 02.Mar.2009 11:03 von Dr. Azrael Tod

Ich tippe ja auf unfähigkeit... für alles andere wäre das nicht kreativ genug, dann hätte man die HTML-Version z.B. rein in Flash und als alternativversion statt pdf ein anderes proprietäres Format, mit einem Java-Player bauen können... natürlich nur der Platformunabhängigkeit wegen

Geschrieben von Dr. Azrael Tod
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