Religion ist unethisch!
Schön trollige Überschrift nicht?
Gerade eben erst habe ich mitbekommen dass es in Berlin mal wieder eine große Diskussion und ein Volksbegehren um die Frage gibt, ob Schüler zwischen den Fächern "Ethik" und "Religion" wählen dürfen (sollten) oder nur jeweils eins davon als Vorauswahl vorgeschrieben sein soll.
Randbemerkung: Ich kann nur davon ausgehen wie ich als Außenstehender zu meiner Schulzeit den Religionsunterricht in Sachsen wahrgenommen habe. Das ist sicher weder fair noch irgendwie ernsthaft fundiert.
Bei mir stellt sich bei all diesen Aufgeblasenen Ansichten und übertrieben hervorgehobenen Problemen vor allem die Frage: Seit wann haben wir in Deutschland Religionsunterricht?
Ich kenne bisher als Schulfächer nur Dinge die sich mit dem evangelischen und katholischem Christentum beschäfftigen, wenn es ganz dumm kommt finden wir vlt. noch 1-2 Schulen an denen es für eine jüdische oder, ganz exotisch, islamische Variante reicht.
Von
Mit dem Themengebiet Religion haben diese 4 Fächer für sich genommen ungefähr soviel zu tun als würde man einem Schüler beibringen bis 10 zu zählen und dann einen Stempel "Mathe bestanden" aufs Abitur drücken. (Wobei das heutzutage wohl teilweise noch optimistisch wäre...)
In allen anderen Fächern bekommen die Schüler doch auch nur irgendwelche unbrauchbaren Grundlagen vorgesetzt die sie die Woche nach der Prüfung wieder vergessen haben. Überall sonst redet man sich auch heraus dass alles Praktische und Anwendbare was man im späteren Berufsleben braucht nach den 9-13 Jahren Schulzeit stattfinden soll und man in dieser Zeit erstmal "Grundwissen" beigebracht bekommen soll.
Diese Ansicht teile ich nicht... aber wenn ihr schon mit solchem Müll argumentiert, dann zieht die Sache gefälligst durch!
Was wäre denn Grundwissen zu den Religionen? Welche Oblade zu welchem Gottesdienst am besten schmeckt oder die kleinsten Details der Schöpfungsgeschichte von $Religion zählen da wohl kaum mit drunter. Dafür würde auch einfach die Zeit fehlen.
Wenn ich jetzt so genau drüber nachdenke: Wir hatten ja damals nicht viel... aber was wir hatten war ein Fach das doch tatsächlich (neben anderen Themen) versuchte einen ÜBERBLICK über die verschiedenen Religionen zu verschaffen. Welche hat sich wie entwickelt, wie sind die Gotteshäuser aufgebaut, wie sind die Dinger organisiert usw. usf. ...
Dieses Fach nannte sich: ETHIK
Das könnte man jetzt irgendwie blöd gelaufen nennen oder?
BTW: Solange ich meine (evtl. doch mal irgendwann existierenden) Kinder nicht in Diskordianischen Religionsunterricht schicken kann ist die Angelegenheit eh diskriminierend. Schlimmer noch: Diskordianismus wurde bei uns an der Schule nichtmal erwähnt! Dabei ist es DIE Weltreligion mit den meisten Mitgliedern. (Das erklärt zumindest einigest oder?)
Importierte/Alte Kommentare:
#1015: 19.Dec.2008 02:12 von Friedenspanzer
Den besten Religionsunterricht hatte ich in der 11. und 12. Klasse. Das hieß evangelische Religion, ich hätte es aber auch Ethik genannt. Der Religionslehrer hat sich wirklich Mühe gegeben, Grundsätze zu vermitteln. Wir haben irgendetwas von Martin Luther (ist ja quasi Landsmann von dir ;) ) über die Vorteile des Christentums gelesen, um es direkt danach mit einem Feuerbach-Text zu ruinieren. Wir haben philosophische Schriften von Goethe auseinandergenommen und diskutiert, ob der christliche Gott wissenschaftlich beweisbar ist. Und er kannte sogar die Principia Discordia, entgegen meines Vorschlages haben wir sie aber nicht besprochen.
Ich habe wahrscheinlich noch nie mehr aus dem Unterricht mitgenommen als unter diesem Lehrer. Sein Motto war "Glaubt was ihr wollt, hauptsache ihr denkt darüber nach." Würde Religionsunterricht überall so aussehen wäre die Welt eine bessere.
#1016: 19.Dec.2008 03:12 von Dr. Azrael Tod
Es gibt immer gute und schlechte Lehrer und es hängt verdammt viel davon ab ob man in dieser Beziehung Glück hat.
Von daher kann man auch ruhig mit einem Katholischen Religionslehrer was über Islam lernen.
Genauso kann man natürlich auch an einen erzkonservativen Ethik-Lehrer geraten und weniger allgemeines lernen als bei dem schlechtesten Religionslehrer.
Die Frage ist halt, was das Schulsystem als grobe Richtung vorgibt, was unterichtet werden sollte.
#1017: 20.Dec.2008 03:12 von iio_
Ich fand folgenden Argumentation zu diesem Thema sehr interessant: http://hpd.de/node/603...
@Friedenspanzer: Luther hatten wir damals auch im Religionsunterricht. Allerdings nur die halbe Geschichte: http://morgen.blogage....
#1018: 23.Dec.2008 12:12 von adrianlang
Der Ethik-Unterricht ist keine Religionskunde, wie du sie beschrieben hast; er bezieht sich auf die im Grundgesetz transportierten Werte, ist also Humanismus-/Naturwissenschaft-/Staatsbürgerkunde. Wenn der Unterricht mal Religionen und Weltanschauungen vergleichend behandelt ist das Glück und nicht Programm. Demgegenüber möchte das Bürgerbegehren 25% des Religionskunde- bzw. Ethikunterrichts mit überkonfessionellen Inhalten bestreiten. Darüberhinaus sollen Religion und Ethik ordentliche Lehrfächer werden, was insbesondere die Stellung der Lehrer verbessert. Nicht zuletzt soll der Unterricht bereits in der 1. und nicht erst in der 7. Klasse angeboten werden.
Klar ist zu kritisieren, mit welchen Zielen die Pro-Reli-Kampagne stattfindet; die aktuellen Vorschläge sind aber sinnvoll und unterstützenswert.
Achso, und selbstverständlich muss der Staat deinen Kindern diskordischen Unterricht anbieten, wenn eine ausreichende Klassenstärke zusammengekommen ist und es eine anerkannte Glaubensgemeinschaft in Berlin gibt, die die Ausbildung von Lehrern gemeinsam mit dem Land Berlin durchführt.
Gruß,
Adrian
#1019: 24.Dec.2008 11:12 von Dr. Azrael Tod
Also ich weiß nicht wann du zu letzt in den Lehrplan gesehen hast.. aber bei uns stand damals schon noch was von wegen Weltreligionen und -Anschauungen drin.
Ich sehe durchaus ein dass sich einige religiöse Vereinigungen im Lehrplan unterrepräsentiert sehen, imho nimmt jedoch die Bedeutung der Religion für den durchschnittlichen deutschen Bürger ab und nicht zu. Woraus man dann jetzt ableitet wir bräuchten mehr Religionsunterricht als vor 10 Jahren ist mir also etwas schleierhaft.
Kinder mit religiöser Propaganda schon in der ersten Klasse zu bombardieren ist übrigens etwas was ich ganz wehement ablehnen würde. Man sollte ohnehin die Entscheidung über solche Dinge erst dann fordern wenn der betreffende reif genug ist sich auch selbst eine Meinung gebildet zu haben und nicht nur hirnlos alles nachplappert was Eltern oder Leerer ihm vorflüstern.
Leider ist dies eine Wunschvorstellung eines mündigen Bürgers, die wohl heute bei den meisten auch mit 20-30 noch nicht eingetreten ist.
#1020: 25.Dec.2008 01:12 von adrianlang
Es geht nicht darum, ob religiöse Weltanschauungsgemeinschaften sich unterrepräsentiert fühlen, sondern dass humanistisch und naturwissenschaftlich geprägte Verfassungswerte als alleinstehende Wahrheit vermittelt werden.
Relgionsunterricht ist zur Zeit ab der ersten Klasse (wie schon immer in Berlin), aber freiwillig, während Ethik erst in der siebten Klasse unterrichtet wird. Unabhängig davon ist Religionsunterricht aber soweit ich weiß auch kaum „religiöse Propaganda“.
Mündigkeit entsteht nicht plötzlich mit dem 10. Geburtstag; Ethikunterricht könnte da eine große Hilfe sein.
#1021: 10.Jan.2009 11:01 von morgen
Ich bin fuer Laizismus. Wenn du deine Kinder in religioese Gedankengebaeude einfuehren moechtest, dann bitte privat!