Steuern

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Wir wollen doch alle Steuern sparen! Wer gibt schon gerne Geld aus? Der Staat verschwendet es doch eh nur! Ich habe doch letztens erst wieder beim “Bund der Steuerzahler” gehört dass das Geld nur verschwendet wird! Und BER, S21, TollCollect, Bundestrojaner, Elbphilharmonie, … Alles was der Staat anfasst kostet Unmengen und bringt mir nichts!

Überhaupt: WAS HAT DER STAAT JEMALS FÜR MICH GETAN?

Da soll’ der Staat doch lieber kein Geld von mir bekommen und wir finanzieren soziales Zeugs aus freiwilligen Spenden. Dann kann ich wenigstens beeinflussen wer das Geld bekommen soll. (Habe ich etwas gegen Abtreibungen wird’s keine durch mich finanzierten Kliniken geben die das tun. Hasse ich Ausländer gibts nur Geld für Kindertagesstädten in Bezirken mit vielen reinrassigen Deutschen)

Achja: und dann stellst du fest dass überraschenderweise die Spendengelder oft nur in private Taschen fließen

Der Staat, das sind halt Regeln und Vorschriften. Niemand mag sowas.

Das macht inflexibel, langsam und teuer. Sehen wir uns als Symbolbild einfach mal das folgende Video an:

Keine Regeln, dafür viel selbstorganisation, Schwarmverhalten und es funktioniert trotzdem. (und im Beispiel ist die Kreuzung vmtl. sogar effektiver als es das mit Ampel oder Vorfahrtsregeln wäre)

Klar, mit einem mehrstufigen Kreisverkehr oder gar einer Kleeblatt-Konstruktion wäre der Durchsatz vlt. sogar noch höher und die Unfallfrequenz (Momentan finden 8% aller schweren Unfälle in Addis Ababa auf genau jener Kreuzung statt) lässt sich wohl auch deutlich senken, aber darum geht’s doch nicht!

Es geht um Regeln. Niemand will Regeln.

Also zumindest keine Regeln denen man selbst folgen muss. Für andere wär’ das ok. Also wär’ unser aller Idealbild ein Staat in dem alle anderen Steuern zahlen müssen und man selbst nicht mal eine theoretische Möglichkeit hat nach der man irgendwann zahlen müsste.

Dazu kommt, dass wir alle inhärent optimistisch sind und dazu neigen unsere eigene Stellung in der Gesellschaft eher über- als zu unterschätzen. Also wollen wir auch keine Steuern für Reiche. Nichts ist schlimmer als die Vorstellung irgendwann doch mal ordentlich Geld zu verdienen/geschenkt zu bekommen und dann nichts davon zu habeni, weil man für die ganzen Normalverdiener Umlagen übernehmen muss.

Dieses ganze Liberallalla-Neocon-Geschwafel (“Wir brauchen weniger Regulierung/Steuern/Sozialleistungen!”) missversteht die Natur des Menschen so sehr wie Leute auf der Gegenseite, die den folgenden Spruch vor sich her tragen den Kapitalismus missverstehen:

Der Kapitalismus basiert auf der merkwürdigen Überzeugung, dass widerwärtige Menschen aus widerwärtigen Motiven irgendwie für das allgemeine Wohl sorgen werden.

(gern’ unbelegt John Maynard Keynes zugeschrieben)

Der Kapitalismus ist im Gegenteil eher die Erkenntnisi, dass Menschen widerwärtig sind und aus Eigennutz handeln. Unabhängig davon wie wir dies verhindern wollen werden sie Möglichkeiten finden dies zu tun.

Daher versucht man mit Kapitalismus ein Regelsystem aufzubauen in dem diese Tendenzen möglichst zum Vorteil der Gesellschaft genutzt werden.

Kapitalismus ohne Steuerung funktioniert in genau jener Funktion offensichtlich nicht und es stellt sich ein Ungleichgewicht der Kräfte (z.B. Monopole) ein.

Sozialausgaben und Kosten für strukturelle Leistungen zu reduzieren um Steuern zu minimieren führen nur dazu dass die Akzeptanz für Steuern weiter sinkt.

Geschrieben von Dr. Azrael Tod
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