Schubladendenken

 

Immer wieder treffe ich auf Menschen die sich wunderbar in Schubladen einordnen lassen wollen und das automatisch auch von anderen annehmen.

Das nimmt teilweise recht absurde Züge an, wenn jemand sich wundert dass ich Gothrock oder Metal anhöre, obwohl ich mich nichtmal annähernd so gekleidet habe, als würde ich zu der passenden Subkultur passen.

Andere fragten mich z.B. wer in welche Gruppe einzuordnen sei und mussten gleich Mutmaßungen bezüglich aller möglicher gemeinsamer Bekannten abgeben. ("Du bist doch sicher son Techno-Freak und deine Schwester hört doch bestimmt Emo oder so." oder "Du und Gothik? Du weißt schon von welcher Musikrichtung ich rede oder?")

 

Warum sollte meine Art mich zu kleiden auch nur im geringsten davon beeinflusst sein welche Musik ich anhöre? Ist es wirklich so unglaubwürdig dass ich Kleidung danach auswähle ob sie mir gefällt? Oder ist es unglaubwürdig dass ich mich nicht selbst rein als zugehöriger zu einer einzelnen, oberflächlichen Subkultur sehen will?

 

Wenn meine Stimmung passt höre ich gerne JEGLICHE Art von Musik, ob es nun Klassik, Metal, Gothrock, Chiptune, Synthpop oder (was verdammt oft der Fall ist) irgendwas im weiten Feld zwischen Gabber, Acid und Trance ist. Die einzigen Musikrichtungen die ich wirklich davon ausnehmen würde, sind Dinge die ich ablehne weil sie mir zu eintönig sind (z.B. "Volksmusik" wobei ich unter dem Begriff eh was anderes verstehen würde als dieser Musikantenstadtl-Blödsinn) und natürlich HipHop, weil ich doch gerne bei Musik bleiben möchte. (Das oft als "Abiturientenhiphop" abgewertete Gebiet hingegen finde ich wieder ganz brauchbar... eine Musikrichtung die sich hauptsächlich auf Texte reduziert kann sogar brauchbar sein wenn Texte vorhanden sind.)

 

Natürlich bezieht sich diese Klassifizierung nicht alleine auf Musik. Jemand der Techno anhört muss scheinbar laut der Meinung einiger Leute automatisch permanent auf Drogen sein, seine Haare mit viel Gel wirr nach oben geklebt und bunt gefärbt haben und politisch völlig desorientiert sein. Jemand aus der Gothik-Fraktion muss Nieten an allen Klamotten tragen, darf eigentlich nur Schwarz tragen (ok, farblich beinahe ein Treffer), den ganzen Tag im Dunkeln verbringen und ständig aggressiv auf kleine Kinder und alte Leute losgehen (naja, manchmal könnte man fast..).

 

Welche Drogen muss man einnehmen um derartig wirre Ideen zu entwickeln? Wie kann man ernsthaft vermuten dass die Menschen sich derartig Flach in vlt. 3-4 Kisten einteilen lassen? Und die wichtigste Frage von allen: Wie sehr muss jemand um Anerkennung aus einer derartigen Gruppe ringen, dass er sein ganzes Leben, von Kleidung, Musik, über politische Ansichten, bis hin zu seinem Tagesablauf komplett an einer Gruppe seiner 2-3 Kumpels ausrichtet?

 

Wahrscheinlich hab ich schon immer zu sehr versucht mich eben NICHT in irgendwelche Kisten stecken zu lassen, um diesen Drang nach Konformität noch zu verstehen.

Importierte/Alte Kommentare:

#1042: 06.Jan.2009 01:01 von stanzebla

Das liegt am Alter, bei vielen hört das irgendwann auf. Da das Interesse an Musik nicht wirklich Interesse an Musik war sondern "Jugend", hören sehr viele für immer die Musik aus jener Zeit, egal wie sie sich am Arbeitsplatz kleiden. Davon leben Bands wie die Rolling Stones.
Kinder von Leuten die Goth oder Hip Hop hören werden diese Musik meist auch eine Weile mögen. Meine Eltern hatten James Last Kassetten, die Hölle. Heutzutage sagt meine Mutter sie sei sehr modern, denn sie hört die Flippers.

Das Schubladendings ist ein Phänomen, das mit dem Erwachsenwerden zu tun hat. Hilfe wer bin ich? Es ist einfacher jemand zu sein, den es so schon gibt, weniger gruselig. Selbst wenn ein Jugendlicher rebellieren möchte, ist es am einfachsten "Rebellionsmusik" zu hören und "Rebellionskleider" zu tragen anstatt sich komplett selbst zu definieren.

Ich war mal zweite Vorsitzende von einem Punkkulturverein, und konnte da ein paar Beobachtungen machen, die den Pädagogik, Sozialkunde oder was auch immer das für ein Unterricht war, in dem sie mir das sowieso an der Schule beigebracht haben (bringen die euch denn gar nichts mehr bei? :P ), vertieften.

In echt ist das ungefähr so: alle Menschen sind gleich, es ist immer möglich eine Parallele zu jemandem andern zu finden, wenn die Begegnung in friedlichem Rahmen stattfindet und Kommunikation möglich ist, aber es sind auch alle verschieden. Der Abgrund zwischen dem Ich und dem Du ist dermassen tief und weit, dass man selbst als Kommunikationskünstler nur eine Annäherung an das Wesen des anderen machen kann und keinen anderen ganz verstehen kann.

Wir sind gleich weil wir Menschen sind, aber verschieden weil wir andere Erfahrungen gemacht haben. Ich will auch nicht ausschliessen, dass es so etwas wie eine Seele gibt und bestimmte Eigenschaften daher rühren.

Hier käme dann "mögen" ins Spiel. Jemanden verstehen heisst nicht unbedingt ihn/sie/es auch zu mögen, und jemanden nicht zu verstehen kann denjenigen gerade interessant machen. Der Mensch ist nicht nur des Menschen Wolf sondern auch noch selbst Schuld dran.

:)

#1043: 06.Jan.2009 02:01 von Dr. Azrael Tod

Ich muss dich beglückwünschen... du hast es geschafft eine Erklärung für solches Verhalten zu finden, die fast genauso generalisierend wirkt wie das Verhalten selbst.

Ich kann selbst nur von mir persönlich ausgehen, der ich mich auch in meiner frühesten Jugend nicht wissentlich in einer solchen Phase befunden habe. Auch in meinem Umfeld ist mir sowas nur bei den wenigsten aufgefallen (vlt. auch nicht unbedingt bei den Personen die von Natur aus die tiefgründigsten Persönlichkeiten haben, aber das ist schwer zu belegen).

Von daher kann ich deiner Argumentation nicht zustimmen.

#1044: 06.Jan.2009 03:01 von madda

Mhmmm ... (auch auf die Gefahr hin, das ich mir hier wiederhole XD)

Die Frage zum Schubladendenken ist wie der "Die Jugend von heute ..." Ausspruch.
Das sich diese Ansichten und Denkweisen weiterentwickeln MÜSSTEN währe nur eine logische Folge des Fortschritts unserer Gesellschaft ... dummerweise entwickelt sich allerdings nur ein sehr kleiner Teil weiter.

Und, wie heisst es doch so schön ... die Dummen sterben eben nie aus ^^

#1045: 07.Jan.2009 01:01 von kleinezuzi

Ich höre Emo?? OMFSM, wer kam nur auf die Idee...?

#1046: 07.Jan.2009 01:01 von Dr. Azrael Tod

@zuzi Ein gemeinsamer bekannter, mit dem wir schon mehrmals ganze Wochen verbrachten, den wir beide am wenigsten leiden können und der sich selbst auch eindeutig in eine solche Schublade einordnen will. ;-)

#1047: 07.Jan.2009 01:01 von kleinezuzi

Aaaahhh... Der trägt auch zu große Hosen, oder? Na alles klar... :D

#1048: 07.Jan.2009 01:01 von Dr. Azrael Tod

Genau der.. vlt. hat das doch erstmal hauptsächlich was mit dem eigenen geistigen Tiefgang zu tun... G

#1049: 09.Jan.2009 12:01 von fwolf

hm? ich glaube, du verbuchselst hier (Black) Metal mit Gothic ;)
Trinken doch alle Schweineblut und opfern Katzen des Nächtens auf Friedhöfen dem Sata(a)n ;)

rofl

cu, w0lf.

ps: einziges Identifikationsmerkmal in Sachen Metal bei mir: Lange Haare - die 3-Loch-Undercover-Halbschuhe fallen nicht wirklich auf ^^

#1050: 09.Jan.2009 07:01 von Dr. Azrael Tod

Das könnte sein. Vlt. verwechsel ich auch gothic mit irgendwas zwischen DarkWave und Industrial. Ist aber eigentlich auch völlig egal, wie gesagt habe ich mich nie sonderlich dafür interessiert welche Stereotypen zu welcher Subkultur gehören.

Geschrieben von Dr. Azrael Tod
Older article
Procrastination