Untertanmodus - alles im ARGEn

Nachdem ja auch Snookie neulich erst wieder Spaß mit diversen Ämtern hatte, musste ich mir das Heute auch gleich noch einmal antun.
Diesmal wollte ich nur schnell zum Arbeitsamt.. äh.. zur Arbeitsagentur.. achnee zum Jobcenter/ARGE (wer bezahlt eigentlich die dauernden Namenswechsel und Restrukturierungen um Geld zu sparen?).
Der Grund meines Besuches war diesmal dass ich mich, nach einigen Monaten Arbeitssuche, nun doch arbeitslos melden muss um demnächst wieder eine Stelle annehmen zu können. (Schon der erste Irrsinn, es hätte für mich während meiner Suche keinerlei Vorteile gebracht als Arbeitssuchender gemeldet zu sein, aber um jetzt eine neue, wahrscheinlich geförderte Stelle annehmen zu können muss ich mich noch schnell anmelden um mich dann wieder abmelden zu können.)
Meine Theorie ist ja, dass wann immer ein deutscher Bundesbürger das Wort "Amt" hört oder irgendetwas amtähnliches wittert, bei ihm irgend ein Schalter umgelegt wird und er sich sofort in eine Art "Untertanmodus" begibt.

In diesem Modus wird so ziemlich alles hingenommen was an seltsamen Formularen, Wartezeiten oder Beschwerden bezüglich fehlender (wenn auch eigentlich unbenötigter oder woanders bereits eingetragener) Angaben so anfällt.
Derartiges Verhalten würde wohl im Normalbetrieb niemals hingenommen werden. Wer kauft schon ein Auto bei einem Händler der erstmal 4 Wochen Wartezeit bis überhaupt die ersten Aktionen unternommen werden ankündigt und den Antrag 3x wegen eines fehlenden Datums oder so (man könnte ja das Antragsdatum zur Not selbst eintragen, evtl. das Datum neben der Unterschrifft abschreiben?) zurückschickt?
Im Untertanmodus jedoch, wird sich höchstens über den Amtsschimmel beschwert aber wirklich etwas dagegen unternehmen will natürlich keiner. Evtl. liegt auch einfach die Annahme zu nahe, die Leute im Amt hätten ja nur Aufwand für die eigene Person und die Leistungen von Amtswegen würden nur erfolgen weil da jemand Nett zu uns sein will.
Eine seltendämliche Idee, wie ich hier einmal bemerken muss, immerhin werden die Ämter ja von Staat finanziert, dieser vom Volk und das Volk sind nunmal immer noch wir alle! (BTW: Warum demonstriert eigentlich die SED äh PDS Linke in Zwickau mit dem Spruch "Wir sind das Volk"? Will sagen warum nutzen heute diejenigen die selbe Parole, mit denen sie vor ein paar Jahrzehnten vom eigentlichen Volk abgesetzt wurden?)
Mit dieser Sichtweise im Hinterkopf wird einem erstmal der ganze Blödsinn klar, den manche Ämter verzapfen. Das beginnt bei Bearbeitungsgebühren, von denen im Law Blog erst wieder bemerkt wurde wie blödsinnig sie sind:

Die Mickergebühren verursachen zusätzlichen Verwaltungsaufwand auf den Wachen und beim Forderungseinzug, ganz zu schweigen von Gerichtsprozessen gegen die Kostenbescheide und erfolglosen Zwangsvollstreckungen. Da wächst nur eins - der bürokratische Wasserkopf in den Polizeibehörden. Letztlich würde jedem eingenommenen Euro noch ein stattlicher Betrag an Steuergeldern hinterhergeworfen.

Außer dass diese Gebühren also eigentlich schon dadurch gedeckt sein sollten dass das Amt sich über das Volk finanziert, also auch durch den Antragssteller, erdreisten sich unsere Verwalter mal noch eben Gebühren zu erheben die uns allen mehr Kosten verursachen als was sie an ausgleichender Wirkung bringen.

Das gleiche gilt natürlich auch für Praxisgebühr und ähnlichen Schwachsinn, nur dass dort der Aufwand auf die (eigentlich auch so schon ziemlich überlasteten) Allgemeinmediziner abgewälzt wird. Dieser Blödsinn alleine wäre schon wieder genug für 10 Blogeinträge, darum will ich gleich thematisch weiterspringen.

Allgemein zeigt sich für mich die Tendenz dass alles so weit verkompliziert und teuerer gemacht wird, damit sich ja keiner mehr damit auskennt und jeder möglichst gleich das Stellen von irgendwelchen Anträgen oder so lässt.
In Deutschland wird also alles soweit mit der Begründung der "sozialen Gerechtigkeit" totreguliert bis am Ende nur noch derjenige an seine staatliche Unterstützung kommt, der sich ein Heer von spezialisierten Beratern und Anwälten leisten kann.
Dass es sich dabei nicht um den Harz4-Empfänger von nebenan handelt ist natürlich klar, doch was kann man schon gegen das Schlagwort "soziale Gerechtigkeit" sagen?

Ein weiteres Problem ist wohl die selbsterhaltende Bürokratie, sprich: Wenn Bürokraten die Regeln machen, wird keine Regel die Bürokratie abbauen. Warum auch? Damit würden sich die Bürokraten selbst ihre Arbeit wegnehmen.

Alle Steuern auf 50-70% Mehrwertsteuer zusammen zu kürzen (wie das z.B. vor langer Zeit mal von DM-Gründer Götz Werner vorgeschlagen und ausformuliert wurde) würde zwar das System von Grund auf zu etwas besserem umbauen, kann jedoch in unserer aktuellen Staatsstruktur niemals realisiert werden. Das liegt in diesem Fall nichteinmal an irgendwelchen Wirtschafts-Lobbies oder sonstigen Bestechungsvorgängen, sondern einfach daran dass wir damit mindestens die Hälfte unserer Verwaltungsbeamten entlassen könnten. Warum sollten wir in einem derartigem System noch Leute brauchen die sich Steuersysteme ausdenken, diese totreden, dann verstümmelt doch noch einsetzen und die nächste Verschlimmbesserung nötig machen? (Warum brauchen wir solche Leute eigentlich überhaupt?) Ganz zu Schweigen von den Leuten die Ausrechnen wie hoch die persönlichen Steuern sind, denjenigen die die Zahlungen verwalten, ausstehende Zahlungen einfordern, neue Steuerschlupflöcher suchen oder alte Schlupflöcher schließen... Naja, ich glaube ihr wisst worauf ich hinaus will.

Natürlich ist Geld nur ein Teil der Probleme, ein weiterer wäre z.B. der Zeitaufwand. Ich persönlich wollte heute wie bereits oben geschrieben aufs Arbeitsamt um mich zu melden, leider habe ich bei den Öffnungszeiten nicht richtig aufgepasst und durfte dann erst nach 1h 30min Fussweg (im Großraum Dresden scheint es ganze 3 Filialen der Arbeitsargentur zu geben) feststellen dass die Öffnungszeiten Montags zwar bei 8-16 Uhr liegen, dies jedoch nichts mit der Sprechzeit zu tun hat und diese endet montags bereits 12Uhr. In diesem Fall ist es natürlich gut dass die nur mit Arbeitslosen zu tun haben, stell sich mal einer vor da würde ein fest angestellter zum Sozialamt wollen (was ja jetzt mit Arbeitsamt zur ARGE zusammengeschlossen wurde) und irgendeine Art Unterstützung beantragen. Ich kann mir irgendwie schwer vorstellen dass alle arbeitenden Leute zwischen 8 und 12 Uhr irgendwann mal für 2-3 Stunden von Arbeit weg können.

Für mich war das natürlich erstmal nicht ganz so schlimm, ich kam nur auf die Idee mir persönlich mal die Frage zu stellen, wer mir denn den Aufwand erstatten könnte...
4x anderthalb Stunden Fußweg, bei einem Stundenlohn von 5€ wären das bereits 30€.
Alternativ könnte ich natürlich auch mit den öffentlichen Verkehrsmitteln fahren, Hin- und Rückfahrt bei der DVB kosten derzeit 1,80€, bei 4 Fahrten sind das bereits auch 7,20€.
Als arbeitsloser Exstudent hab ich ja auch das Geld nicht so locker in der Tasche sitzen...

Allerdings müsste ich, selbst wenn ich die Unkosten irgendwie erstattet bekommen könnte, dafür wahrscheinlich wieder 10 Anträge ausfüllen, noch 4-5x beim Amt aufschlagen und würde wahrscheinlich noch mindestens eine Bearbeitungsgebühr von 50€ zahlen müssen...

Das einzige annähernd sinnvolle was ich gegen derartige Methoden machen kann bleibt wohl weiterhin darüber zu bloggen und mich überall darüber aufzuregen.

In diesem Sinne:

Los Sancho, sattel Rosinante! Wir haben Arbeit vor uns.

[Update]
Aus irgend einem Grund hatte ich den ersten Link auf den Falschen Artikel gesetzt... ich meine natürlich nicht Snookies Artikel über Schäuble 2.0 sondern den nun Verlinkten "Prüfungszeugnis für den Angelschein, was ein gelaufe!"

Importierte/Alte Kommentare:

#443: 19.Aug.2008 01:08 von Tsukama

Oh Jessas! Da kann man Dir nur Gut Holz, strake Nerven und Baldriantropfen herbei wünschen!

In diesem Sinne: Das Amt ist tot, es lebe das Amt!

#444: 19.Aug.2008 03:08 von Dr. Azrael Tod

Danke.. nach einem Zweiten Besuch heute, der wieder alles andere als toll lief (ok, man kann ja erstmal Leute in IRGENDEINE Etage schicken, aber wenn die Etagen nach Zuständigkeit für ein Einzugsgebiet geordnet sind, wäre es doch sinnvoller, mich erstmal nach meiner PLZ zu fragen -.-) scheine ich es erst einmal hinter mir zu haben.
Natürlich nur bis übernächste Woche oder so, wenn ich dann wahrscheinlich wieder als arbeitsloser abgemeldet werde.
Dafür durfte ich heute aber noch schnell feststellen dass ich gestern zu recht nicht mit der Bahn gefahren bin. Eine Straßenbahnfahrt zum Arbeitsamt dauert von hier aus eine knappe Stunde, das ist nicht wirklich viel besser als die anderthalbe Stunde Fußweg von gestern.

#445: 19.Aug.2008 06:08 von noqqe

Einfach nur ... Oh mein gott.

#446: 19.Aug.2008 07:08 von Dr. Azrael Tod

Danke, du kannst mich aber auch DAT nennen. G

Geschrieben von Dr. Azrael Tod