E-Book und Lieferdienst

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Es ist mal wieder Zeit zwei komplett unterschiedliche Themengebiete durcheinander zu werfen, festzustellen dass meine Vorhersagen noch nie gestimmt haben um mich danach in noch wildere Spekulationen zu versteigen!

WAT!?

E-Book-Reader

Vor einiger Zeit hab ich mal wild rumgerantet, dass E-Books nicht zu Urheberrechtsverletzungen im großen Stil führen würden und dass E-Books keine große Verbreitung in den "nächsten 5-10 Jahren" finden würden.

Lacht nicht! Ich hab teilweise noch viel schlimmeren Blödsinn erzählt!

Aber damit bin ich auch nicht lächerlicher als andere...

In 1939, The New York Times predicted that television would fail because people wouldn't have time to stop and stare at a screen

Die Grundannahmen waren größtenteils falsch. Nur weil ich bis zu jenem Zeitpunkt kein brauchbares Lesegerät besaß, bedeutete das natürlich nicht dass keiner eins bauen würde. Besser noch: bereits zu jenem Zeitpunkt waren welche frei kaufbar. E-Ink hat heute, keine 6 Jahre später, für derartige Verbreitung dass selbst meine Eltern und Schwiegereltern sowas gekauft haben. Wohlgemerkt: ohne mein Zutun.

E-Book-Reader sind kleiner, leichter, besser handhabbar und transportierbar als totes Holz. Sie haben deutliche Vorteile, was natürlich auch dazu führt dass man sowas verwendet. Wer will schon 100 Papierbücher mit in den Urlaub nehmen und dann einhändisch halten und umblättern?

Meine Schlussfolgerungen waren trotzdem nicht falsch. Ich wage, ohne genaue Zahlen zu haben, zu behaupten dass die Einnahmen durch Buchverkäufe eher gestiegen als gesunken sind. Wenn man ein Buch lesen will und es früher in Papierform gekauft hätte, kauft man es auch noch heute. Die Gründe dafür sind vielfältig.

Lieferdienste

Pakete an Privatwohnungen zu verteilen ist momentan eines jener Probleme, dessen miese Umsetzung mich als Konsument am meißten nervt. Lieferdienste klappern während der üblichen Ladenöffnungszeiten, deren Einheitlichkeit mich schon lange nervte, einzelne Privatwohnungen ab um bei der zwangsweise folgenden Abwesenheit von >50% der Bewohner


  • Pakete bei wahllosen "Nachbarn" abzugeben. Dinge die bei mir in der Realität als "Nachbarn" angegeben wurden:

  • Pakete "irgendwo" deponieren. Gesehene Lösungen:
    • in den Hausflur eines Mehrfamilienhauses im Stadtzentrum gehängt
    • irgendwo aufs Grundstück geworfen
    • "Packstation" - anbieterspezifische Kisten die immer genau vor Filialen des betreffenden Anbieters stehen, können nur Pakete bestimmter Größen enthalten, nicht als Zieladresse bei beliebigen Anbietern verwendet werden.

  • Sendungen wieder mitzunehmen, und am nächsten Werktag erneut fehlversuchen das Paket um die gleiche Uhrzeit zuzustellen.

  • Pakete ins nächste Verteilungszentrum zurücknehmen, von wo aus der Kunde angerufen wird und sich von den vorherigen, untauglichen Varianten eine aussuchen darf. (Kein Witz: mir wurde bereits mehrmals angeboten Pakete in Thüringen abzuholen, nachdem sie in Dresden nicht an mich zustellbar waren)

Momentan wird diskutiert die Zustellung durch kleine, elektrische Flugdrohnen zu automatisieren. Was natürlich an diesem Problem überhaupt nichts ändern würde, dafür aber ein gutes Dutzend neue einführen würde und momentan einfach nicht funktioniert

Überhaupt fällt auf dass es sich hier im Gegensatz zur E-Book-Nutzung um kein technisches Problem handelt. Es ist mehr ein logistisches, soziales oder politisches Problem das wir mit existierender Technologie jederzeit lösen könnten. Eine große Kiste pro Haus, in der Lieferdienste Dinge deponieren können, die entnahme aber nur per Schlüssel zulässt, würde völlig ausreichen.

Früher nannten wir sowas Briefkasten.

Für Dinge in Briefgröße funktioniert das seit Jahrzehnten. Man bräuchte nichtmal eine größere Verbreitung solcher Kisten oder irgendwelche gesetzlichen Vorschriften, um mit der aktiven Verwendung dieser Dinger zu beginnen.
Irgendein Lieferdienst müsste sich nur mal hinstellen, einen Standard zusammenschreiben und seinen Kunden die Angabe ermöglichen "Ich habe eine Kiste nach Foo-Standard, meine Pakete bitte dort ablegen!"

Vlt. könnte man noch vorgefertigte Kisten verkaufen (lassen). Das würde der Verbreitung sicher nicht schaden.

Problem: keiner tut sowas.
Warum? Die Ausreden reichen von "Zu teuer!" oder "aber was wenn die Kiste voll ist?" über "wer haftet wenn jemand die Kiste aufbricht?" bis hin zu "das geht aber nur wenn außer uns kein anderer Lieferdienst darauf Zugriff hat!".

Nichts davon ist auch nur annähernd relevant.
Alles wurde für Briefkästen gelöst oder führt im schlimmsten Fall zu genau den selben Problemen die man bereits ohne diese Lösung hat. Kostenpunkt wäre für den Anbieter ebenfalls nahezu null, da man das einfach die Kunden bezahlen lassen könnte. Einen Briefkasten kauft ja ebenfalls nicht die Post.

Bei Paket-Lieferung handelt es sich halt blöderweise nicht um ein technisches Problem, sondern mehr um ein logistisches oder wirtschaftliches solches. Es ist noch immer zu billig eine Billigst-Kraft 3x an einer Adresse vorbei zu schicken. Es ist nicht interessant genug Kunden klobige Kästen in den Garten zu stellen. Es ist zu unattraktiv mit Konkurrenz zusammen ein Protokoll für solche Fälle aufzustellen (und die Konkurrenz damit zu legitimisieren).

Ich prognostiziere also dass sich hier im Gegensatz zu den E-Books nicht ganz so schnell eine Lösung finden wird.

Ausnahme: wenn wir doch ein neues Gadget bauen das alle haben wollen (so wie es bei den Drohnen gerade passiert, irgendwer kam auf die Schnappsidee und plötzlich muss jeder Lieferdienst/Anbieter an seiner eigenen Version "forschen").

Drohnen und neue E-Ink-Displays sind interessante Gadgets und schreiben Schlagzeilen. Übergroße Briefkästen sind langweilig. Da versteht jeder wie es funktioniert. Da kann man nicht "forschen". Damit ist man nicht "innovativ". Darum wird das nicht passieren.

DANKE MARKTWIRTSCHAFT!

Importierte/Alte Kommentare:

#1677: 13.May.2014 11:05 von Felix

FYI: http://www.stern.de/wi...

  • #1678: 13.May.2014 12:05 von Dr. Azrael Tod

    ja, das hab ich auch gesehen…

    Geöffnet wird der Paketkasten mit einem Schlüsselchip. DHL versichert, dass der Kasten sicher sei.

    Sprich: nur DHL kann ran (macht nix, stell ich halt noch einen für DPD, einen für Hermes, GLS und UPS jeweils daneben), dafür dass das ding "sicher" ist gibt es keine Belege, aber zumindest kann außer mir auch mindestens jeder Postangestellte Pakete rausnehmen. Siehe:

    Ja, frankierte Pakete oder Retouren können über den neuen Kasten auch versendet werden. Dazu muss der Kunde im Internet unter paket.de nur eine kostenlose Paketabholung in Auftrag geben.

    Das will man halt nicht.

    Genau darum hab' ich ja von einem Standard geredet.Nicht von proprietärem Scheiß den wieder jeder Hersteller für sich frickelt.
    Das Ding ist ja nichts anderes als eine versuchte Nachbesserung zu dem was "Packstation" schon länge hätte sein müssen.

Geschrieben von: DAT
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