Das Suchen und Finden der... Zukunft.

"Was soll nur aus dem Mädel/Jungen werden... schon x Jahre alt und immer noch keine Ausbildung!" - Wie liebe  ich solche Sätze. Besonders von Menschen im Rentenalter, die der Überzeugung sind, dass früher alles besser war. Am besten kommt sowas dann aber auch noch im Zusammenhang mit dem wunderbaren, aus der Feder eines durch seltsame Elefanten einschlägig bekannten deutschen Komikers stammenden Spitznamen "Susi Sorglos".

Mal ehrlich: Wie kann jemand ernsthaft glauben, dass man sich mit über 20 Jahren nicht dann doch die eine oder andere Stunde Kopfzerbrechen um den eigenen beruflichen Werdegang macht?  Betrachten wir doch einmal die Fakten: Meine Familie ist durch den Studienabbruch meines Bruders mittlerweile desillusioniert, was den Traum von perfekten Kindern mit einer prima Laufbahn angeht. Ich werde demnächst 22 und kann bisher nicht viel mehr vorweisen als ein mittelmäßiges Abitur und zwei Jahre eher sinnfreies Sprachstudium, das ich nun auch nicht abschließe. Gut, im Vergleich zu manch einem Hartz-IV-Empfänger  mag das schon viel sein, aber Geld verdienen lässt sich damit trotzdem nicht, zumal ich auch in der Nebenjobsuche kein besonderer Glückspilz bin. Und nun bin ich an dem Punkt angelangt, ab September ein Jahr FSJ zu machen, um mir über meinen Berufswunsch klar zu werden.

Überraschenderweise bin ich mit dieser Entscheidungsunfähigkeit im "hohen" Alter aber ganz und gar nicht die Einzige. Mir fallen spontan mindestens drei Freundinnen ein, denen es genauso geht, und die werden im Gegensatz zu mir sogar demnächst ihr Studium erfolgreich abschließen. Da stellt sich jetzt die Frage: Gibt es nun zu wenige oder zu viele Möglichkeiten der beruflichen Laufbahn?

In meinem Fall ist es irgendwie beides. Theoretisch gibt es wirklich viele. Immerhin habe ich Abitur! Und wem wurde nicht auf dem Gymnasium eingeredet, dass einem mit der allgemeinen Hochschulreife quasi alle Türen offen stehen? Theoretisch könnte ich zum Beispiel Maschinenbau studieren. Oder Chemie. Oder Mathematik. All das wäre problemlos möglich, auch mit meinem mittelmäßigen Abiturdurchschnitt. Das Dumme ist nur: All das interessiert mich nicht die Bohne. Mathe war mir immer egal, für den Lernstoff der naturwissenschaftlichen Fächer war ich meist zu lernfaul und mit großen Maschinen habe ich auch eher wenig am Hut (wie mir jahrelange detaillierte Ausführungen meines Vaters und heute auch meines Freundes immer wieder bestätigen). Ich bin aber auch nicht talentfrei. Ich kann Gedichte schreiben, ich bin musikalisch, habe ein gutes Sprachgefühl, ich bastle gern und ich liebe es, Möbel auf- und abzubauen und Wände zu streichen. Doch hier lauert die nächste dumme Kleinigkeit: All das sind "brotlose Künste", wenn man ein kleines, zartes Mädchen ist (denn mit Streichen oder Möbelbauen kann man durchaus Geld verdienen, nur erfordert das im Normalfall eine gewisse Muskelkraft). Und die Berufe, die mich interessieren würden, scheitern an der Situation des Arbeitsmarktes oder am Numerus Clausus.

Und deswegen sitze ich nachts in meiner Wohnung und bin so gar nicht Susi Sorglos: Mein Plan, bis 25 das erste Kind zu haben, wird nicht aufgehen. Mein Kindheitstraum, Schriftstellerin zu werden, wird sich wohl auch kaum erfüllen. Und irgendwie fragt man sich, wieviele Pläne und Träume man eigentlich platzen lassen muss, bis man endlich seinen Traumjob hat - Und ob nicht der sich auch irgendwann als Seifenblase herausstellen wird...

Importierte/Alte Kommentare:

#1310: 06.Jun.2009 02:06 von sirsnookie

Naja wissen kann man sowas nie, ich habe ähnliche Probleme, ich studiere Medienproduktion wo ca. 98% der Leute nix mit anfangen können, geschweige denn die Betriebe. Ich bin im 4. Semester und hab noch 4 Sperrfächer vor mir.

Bei den Möbeln würd mir noch Innenarchitektur einfallen, die nächste Tine im TV ;)

#1311: 06.Jun.2009 09:06 von profmakx

Tröste Dich: Selbst mit Traumjob muss man nicht unbedingt glücklicher sein.

#1312: 06.Jun.2009 02:06 von foo

Studier doch ne Mischung aus Informatik, Biologie, Kuenstliche Intelligenz, Psychologie, Mathe, Philosophie, Robotik und Linguistik. Nennt sich auch "Cognitive Science" und das gibts an der Uni Osnabrueck. Sind uebrigens nicht von ungefaehr mehrfacher Roboterfussballweltmeister (bastel)

Von allem ein bischen und einen NC hat das ganze auch nicht.

#1313: 06.Jun.2009 03:06 von Dr. Azrael Tod

Bei Eris... alleine die Vorstellung! Kinder von deiner Sorte... duck und renn

Aber @topic: das Problem kennst wohl bei weitem nicht nur du "Ich habe jetzt einen festen Job" - "Aber willst du nicht doch lieber weiterstudieren? Dann hättest du später bestimmt mal bessere Chancen auf einen Job" o0

#1314: 06.Jun.2009 05:06 von foo

Naja, das ist ein studiengang, bei dem man selbst keine antwort auf die frage "und was macht man damit spaeter?" kennt. wer hier fertig mit dem studium ist bewirbt sich in der regel auf irgendeinen master, der dann das (inzwischen eingegrenzte) interessengebiet bedient. nennenswerte jobchancen hat man bei dem studiengang eh keine. hoechstens headhunter koennten lunte riechen, bei dem inhaerent interdisziplinaer angelegten studiengang. aber das geht den meisten hier am arsch vorbei... drei von meinen bekannten sind mittlerweile in boston am MIT, eine am CalTech. das liegt aber an der einstellung. was viele die uns nach den berufsperspektiven fragen nicht verstehen ist, dass hier jeder seine individuelle perspektive hat. man kann nicht pauschal fuer alle antworten. und das ist das hauptproblem denke ich. leute erwarten eine antwort von der stange, wenn sie nach der zukunft fragen. wenn sie die tatsaechliche antwort dann keiner der ueblichen kategorien zuordnen koennen fallen sie schnell zurueck auf den kleinsten gemeinsamen nenner sozusagen: "wie du bist 20 und hast nur abi und sonst nix?"

#1315: 06.Jun.2009 06:06 von fa

Die "schon 20 und noch keine Laufbahn geplant"-Sager sind halt dann doch meistens die Leute, die mit 16 nach Mittlerer Reife (oder noch besser 14-15 nach der Hauptschule) ihre Lehre angefangen haben. Und ich hab eigentlich auch noch nie gehört, dass jemand in den 60ern-80ern monatelang nach einer Lehrstelle gesucht hat. Nicken und freundlich lächeln...

#1316: 08.Jun.2009 09:06 von fwolf

Möbeln .. ja ... Brotlose "Kunst". Als Tischler! Meine beste Freundin ist grad kurz vor Abschluß ihres dritten Lehrjahrs, alle Prüfungen schon abgeschlossen, Gesellenstück in Bälde in Arbeit.

cu, w0lf.

#1317: 14.Jun.2009 12:06 von lexar

ich glaube, da bist du wirklich nicht die Einzige!
Ich schließe zwar im Herbst mein Studium ab (BA) und hab keine Lust auf MA, sondern würde gerne arbeiten.
Was ich aber gerne arbeiten würde und was ich studiert habe, sind zwei völlig andere Welten!
Ich hoffe einfach mal irgendwie quer einsteigen zu können... und wenn das alles nix wird, dann muss ich wohl oder über doch wieder an die Uni zurück :(

wuaah...

#1318: 30.Jul.2009 04:07 von Oliver Herold (olhe) 's status on Thursday, 30-Jul-09 14:40:35 UTC - Identi.ca

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